Interview mit Ulf Genzel, Mitglied des Vorstandes der FKTG (Teil 2)

Ulf Genzel

Ulf Genzel ist geschäftsführender Gesellschafter der contagi MEDIA+IT GmbH und dort verantwortlich für Personalentwicklung, Personalberatung, Recruiting und Direktsuche (Executive Search) vom „Rare to find Expert“ bis hin zur Führungskraft. 2022 wurde Ulf Genzel in den Vorstand der FKTG gewählt und wird hier unter anderem als Kassenwart und Ansprechpartner der Förderfirmen tätig sein. Das Interview mit Ulf Genzel führte Wolfgang Fleischer, FKTG Community-Manager.


Siehe auch: Teil 1 des Interviews


Gerade der Arbeitsmarkt für die Medienbranche ändert sich ja gegenwärtig dramatisch - wir haben ja schon darüber gesprochen. Kann man hier tatsächlich bereits von einer disruptiven Änderung sprechen?

Wir haben zwischenzeitlich eine Situation, in der sich Firmen unserer Branche bei den Kandidat/innen bewerben müssen und nicht umkehrt. Es wird immer schwieriger, gerade in den Bereichen Softwareentwicklung, Netzwerk-Engineering, IT-Security, Cloud-Operations usw., die richtigen Leute zu finden. Da gibt es deutlich mehr Job-Angebote als qualifizierte Menschen. Hier muss in den suchenden Unternehmen ganz klar umgedacht werden. Als technik- und arbeitsmarktorientierter Verein sehe ich für die FKTG hier die Aufgabe, auch im direkten Austausch zwischen den Mitgliedern und den Förderfirmen mehr Verständnis für diesen Veränderungsprozess zu schaffen. Unsere Branche wird aktuell auf den Kopf gestellt.

Wie beurteilen Sie in diesem Kontext die aktuelle universitäre Ausbildung der Medienbranche? Entspricht sie noch den neuen Bedürfnisses des Arbeitsmarktes?

Die Grundausbildung ist sicherlich ok. An einigen Stellen stehen in meiner Wahrnehmung allerdings Änderungen an. Zum Beispiel benötigt man im Bereich des Autonomen Fahrens neue Lösungen: Wenn ein Auto von A nach B fährt, werden in der Größenordnung von Gigabytes Daten produziert. Den größten Anteil daran hat hochauflösendes Videomaterial. Diese wird von Software-Algorithmen dahingehend bewertet, ob womöglich eine Gefahrensituation vorliegt oder nicht. Hier kann die Automobilindustrie ganz klar von der Expertise aus unserer Branche profitieren. Zukünftig geht es aus meiner Sicht eher darum, Expert/innen über Industriegrenzen hinweg auszubilden und vorzubereiten. Da gibt es bei den Hochschulen und Universitäten sicherlich noch Verbesserungspotenzial - auch mit Blick auf die Nutzung von künstlicher Intelligenz im Industriebereich oder für Forschungszwecke.

Gerade die Medienbranche hat ja federführend dazu beigetragen, dass wir Anwender/innen nahezu problemlos global kommunizieren können. Wäre da nicht eine moderate Internationalisierung der FKTG-Website eine Option für die FKTG, um eine noch größere Reichweite zu erzielen und um dadurch noch stärker global agierende Medienunternehmen als Partner zu gewinnen?

Als die FKTG vor 102 Jahren in Deutschland gegründet wurde, entstand natürlich eine Interessensgemeinschaft, die tief in der deutschen Sprache verwurzelt war. Heute - in einer Zeit der Globalisierung, sind wir natürlich gut beraten, uns bewusster und nachhaltiger zu öffnen. Englisch ist in vielen international aufgestellten Unternehmen zwischenzeitlich die wichtigere Sprache geworden. Als Personalberater besetze ich in Deutschland Positionen, in deren Stellenprofilen steht: "Englisch = Required / German = Nice to have"... Warum sollten wir nicht verstärkt auch englischsprachige Artikel publizieren, ohne diese zwanghaft ins Deutsche zu übersetzen? Gerade der internationale Wissenstransfer findet ohnehin in Englisch statt.

Die SMPTE kann ja durchaus als ein internationaler Partner der FKTG gewertet werden. Wie beurteilen Sie die Möglichkeit, hier in eine verstärkte Kooperation dahingehend einzutreten, dass beispielsweise Artikel der SMPTE, im gegenseitigen Einvernehmen mit der SMPTE natürlich, mit in die Publikationsangebote der FKT und der FKTG.ORG aufgenommen werden?

Ich persönlich habe da überhaupt keine Berührungsängste. Es sind ja ohnehin namhafte Mitglieder unseres Vereins gut mit der Führungsebene der SMPTE verdrahtet. Als eine der Aufgaben des neuen Vorstandes der FKTG sehe ich hier tatsächlich den Bedarf, den Dialog mit der SMPTE wieder aufzugreifen, um Kanäle zu schaffen, die nachhaltig und verlässlich einen wechselseitigen Content-Transfer ermöglichen. Das kann aus meiner Sicht nur im Interesse beider Institutionen und der Mitglieder liegen.

 

 

 

 

Mo., 20.06.2022 - 08:42

Es gibt über die SMPTE hinaus noch diverse andere Online-Magazine, Mediatheken, deutsch- und englischsprachige Blogs usw. Wäre es nicht im Sinne einer Win-Win-Situation interessant zielgerichtete Backlink-Aktivitäten zu entwickeln, was natürlich eine direkten Ansprache mit solchen Institutionen erfordern würde?

Als neuer Vorstand haben wir das Thema "Kooperationen" für die FKTG als so wichtig eingestuft, dass wir insbesondere dafür einen neuen Aufgabenbereich geschaffen haben. Diese Funktion hat im Vorstand Jürgen Sewsczyk übernommen. Dabei sollen nicht nur neue Kooperationen geschaffen werden, sondern auch bestehende Kooperationen neu bewertet und weiterentwickelt werden.

Sehr interessant ist es, sicherlich nicht nur für mich, dass Sie im Laufe unseres Gesprächs sehr klar die Potentiale verstärkter Kooperationsarbeit der FKTG herauskristallisiert haben. Wie sehen Sie hier den aktuellen Stand der Beziehungen der FKTG zu den Universitäten und Medienhochschulen?

Auf der Taskliste des neuen Vorstandes steht, den Dialog neu aufzubauen und bei Bedarf wiederzubeleben. Gleich zwei Vorstandsmitglieder werden sich dem Thema Hochschulen annehmen: Jan Bohacek und Lucien Lenzen. Wir sind hier durch Professor/innen, die persönliche Mitglieder sind, schon gut vernetzt. Die beruflichen Aktivitäten unseres ersten Vorsitzenden Dr. Rainer Schäfer können uns hier sicherlich auch nur helfen, geeignete und nachhaltige Kommunikationskanäle zu schaffen.

Zum Abschluss unseres Gesprächs noch eine persönliche Frage. Sie gelten als ausgewiesener Kenner von Soul-Musik. Das lässt ja durchaus auf ein gewisses Lebensgefühl schließen. Das würde sich sicherlich auch sehr wohltuend auswirken, wenn es in unseren doch sehr angespannten Zeiten stärker eingebracht werden könnte?

Ja, meine Lieblingsmusik liegt von der Richtung her zwischen Soul und Jazz. Neben der guten Musik an sich sind mir dabei durchaus auch Texte wichtig, die mich ansprechen oder auch berühren. Nehmen Sie "Cherish the Day" von Sade: Dankbarkeit, Würdigung und Glaube sind hier die Themen. Wir leben in einem Land, indem es uns tatsächlich noch sehr gut geht. Dies wird einem aktuell besonders klar, wenn man nur 1.500 Kilometer in Richtung Osten schaut. Wir alle sind gut beraten, immer wieder eine gewisse Lebensdankbarkeit aufzubringen und vielleicht auch in unseren geschäftlichen Bereichen ab und an lockerer und vertrauensvoller zu werden. Das kann uns selbst und unseren Aktivitäten nur gut tun. Gerade in zwischenmenschlicher Beziehung freue ich mich persönlich sehr auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Vorstand der FKTG. Dieser Vorstand arbeitet ja ehrenamtlich. In dieser Form der Motivation und der Zusammenarbeit sehe ich eine Kraft, die mich gerade in Bezug auf die Zukunft der FKTG, ausgesprochen positiv stimmt.

Lieber Herr Genzel,
ganz herzlichen Dank für das Gespräch.