Zeitverbreitung über Langwelle: Nicht aus der Zeit gefallen

Langwelle bleibt wichtige Übertragungsform

Vor kurzem hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) angekündigt, auch weiterhin die gesetzliche Zeit in Deutschland über die Langwelle zu verbreiten. Einen entsprechenden Vertrag mit der Media Broadcast GmbH zum Betrieb der Sendeanlage in Mainflingen bei Frankfurt (Bild 1) hat die PBT um weitere zehn Jahre verlängert. Bis mindestens 2031 bleibt die Langwelle damit die wichtigste Übertragungsform, mit der Funkuhren den Zeitcode in ganz Europa empfangen. Doch wie sieht die Zeitverbreitung über die Langwelle in Deutschland eigentlich genau aus und warum ist sie weiterhin so attraktiv? Diese Fragen sollen im nachfolgenden Beitrag näher beleuchtet werden.


Bild oben: Der Sender DCF77 hat eine Reichweite von circa 2.000 Kilometern – bis in den hohen Norden Europas, in Teilen Marokkos und Tunesiens, der Türkei und Russlands können Funkuhren die Zeitsignale des Senders empfangen. (Bild links).

Zeitverbreitung in Deutschland - Entwicklung

Zeitsignal- und Normalfrequenzsender DCF77. Die PBT nutzt für die Verbreitung der gesetzlichen Zeit in Deutschland verschiedene Wege: So gibt es zum Beispiel den PBT-Telefonzeitdienst, der über Telefonmodem und das öffentliche Telefonnetz verfügbar ist. Zudem kann eine Zeitabfrage zur Synchronisation von Rechneruhren über das Internet erfolgen. Doch die wichtigste Säule zur Aussendung von Zeitsignalen und Normalfrequenz ist nach wie vor der Sender DCF77, der die Zeitinformationen an Funkuhren europaweit ausstrahlt. Standort des Senders ist die Sendefunkstelle Mainflingen in der Nähe von Frankfurt am Main.

Der Startschuss für den Sendebetrieb des DCF77 war das Jahr 1959. Damals wurde über den Sender allerdings überwiegend die Normalfrequenz 77,5 kHz verbreitet. Seit Anfang der 1970er Jahre werden die Zeitinformationen vollständig in kodierter Form im 24-h-Dauerbetrieb ausgesendet, so wie noch heute.

Der „Zeitcode“ besteht aus einzelnen Sekundenmarken, die auf „kurz“ oder „lang“ geschaltet werden. Jede Sekunde stellt also 1 Bit dar. In 60 Bits, das heißt den 60 Sekunden einer Minute, werden somit alle Angaben zu Minute, Stunde, Tag, Woche, Monat und Jahr übermittelt (Bild unten).

Bildcodierschema

Gründe für die Aussendung der Zeit über Langwelle

Zeitverbreitung über Langwelle

Der DCF77 ist in Deutschland ein Teil der kritischen technischen Infrastruktur. Denn ohne den Sender gäbe es weder Zeitanzeigen im Rundfunk noch auf Bahnhöfen und Flughäfen. Auch im Bereich Telekommunikation sowie in der Versorgungswirtschaft wird auf den Zeit-Langwellensender zur Steuerung und Überwachung von Systemen zurückgegriffen.

Die Anforderungen an das Übertragungssystem des Zeitcodes sind dementsprechend hoch: Zuverlässig, einfach und wartungsarm soll es sein, Voraussetzungen, die der Sendebetrieb über Langwelle in vollem Umfang erfüllt. Darüber hinaus sei so ein „kabelloser“ Empfang in ganz Europa mit preiswerten Empfängern gewährleistet, so die PBT in einem aktuellen Statement.

Im Zuge der neuerlichen Modernisierung der Anlage soll nun noch ein zweiter, fernsteuerbarer Hochleistungssender entstehen, sodass eine vollständig redundante Einrichtung vor Ort vorhanden wäre. Die Steuereinrichtungen in Mainflingen und die Überwachung in Braunschweig sollen dabei ebenfalls modernisiert werden.

Zeitverbreitung über Langwelle: Die Uhr ist nicht abgelaufen

Der Ausbau von 5G-Mobilfunk geht in großen Schritten voran, und auch der Nachfolgestandard 6G soll etwa 2030 in den Startlöchern stehen. Und im Rahmen der Digitalen Dividende 3 stehen weitere, tiefgreifende Veränderungen bevor. Doch der Zeitverbreitung über Langwelle kann all dies nichts anhaben. Ihre Uhr ist noch lange nicht abgelaufen.


- Angela Bünger