Lukas Scheunert, Preisträger des Hochschul-Absolventen-Preises 2020 der FKTG, im Interview.
Du bist seit rund vier Jahren FKTG-Mitglied. Was war für Dich damals der Grund, dem Verein beizutreten?
Das kam durch meinen damaligen Professor im Fach Bildtechnik, Professor Dr.-Ing. Thomas Bonse von der Hochschule Düsseldorf. Wir sind damals mit einer Gruppe von acht Studierenden nach Nürnberg zur FKTG Fachtagung gefahren. Zu dem Zeitpunkt war mir schon bewusst, dass ich etwas im Videobereich machen wollte und die Tagung hat mich noch einmal darin bestärkt.
Damals war das Thema 5G noch ganz neu. Man kann also sagen, dass mir in Nürnberg praktisch der erste Floh ins Ohr gesetzt wurde, 5G und Video miteinander zu verknüpfen. Den endgültigen Ausschlag gab dann eine weitere von mir besuchte Veranstaltung in Köln, auf die ich im FKT-Newsletter aufmerksam wurde. Dort kam dann der erste Kontakt zur Firma Ericsson zustande.
Wie sind Deine Erfahrungen mit der FKTG bislang - würdest Du Studierenden empfehlen, bereits während ihres Studiums einzutreten?
Wenn man den Studierendenbeitrag von EUR 40 betrachtet, ist das schon eine sehr geringe Investition für das, was man zurückbekommt: Fachwissen aus erster Hand und jede Menge Kontakte aus allen Bereichen der Medientechnik. Auch der Umgang miteinander ist sehr wertschätzend. „Neue“ werden herzlich aufgenommen und haben die Möglichkeit, sich und ihre Erfahrungen einzubringen.
Du kommst ja aus der Veranstaltungstechnik. Inwieweit fließen Deine Erfahrungen in Deine jetzige Arbeit ein?
Ich habe gelernt, Dinge viel gelassener zu sehen und pragmatisch zu sein. In der Veranstaltungstechnik steht man einfach immer unter Zeitdruck, muss fertig werden. Dabei entwickelt man ein sehr gutes Bauchgefühl dafür, was bei verschiedenen Projekten klappen kann. Gerade während meiner Zeit auf See habe ich gelernt, Problemlösungsansätze schnell zu entwickeln. Und wenn doch etwas schief geht, dann gibt es immer noch Plan B.
So sehe ich übrigens auch das Berufsfeld des Ingenieurs: Ich schaue mir an, was verschiedene Produkte und Systeme leisten können, vergleiche sie mit meinen Anforderungen in einem Projekt und baue die Lösungen dann so zusammen, dass sie mir bestmöglich nutzen.
Deine Bachelorarbeit „A use case of 5G connected drones with AI for object detection“ wurde mit einem Hochschul-Absolventen-Preis ausgezeichnet. Wie kam es denn genau zu diesem Thema?
Wie erwähnt, knüpft dies an den besagten Roundtable in Köln an. Mich hat diese Veranstaltung sehr inspiriert, mein Interesse für 5G und Videoübertragung war geweckt. Ich habe mich daraufhin direkt hingesetzt und ein erstes Expose geschrieben und parallel an meinen Professor und die Firma Ericsson geschickt. Dabei habe ich natürlich versucht, die maximalen Grenzen auszuloten, also 4K mit 60 Bildern pro Sekunde über 5G mit sehr geringer Latenz zu übertragen. Sowohl mein Professor als auch Ericsson fanden die Idee gut, aber meinten, die Umsetzung dürfte schwierig werden.
Durch Ericsson, wo ich dann ja auch die Abschlussarbeit angefertigt habe, wurde ich auf das 5G Connected Mobility Projekt mit der Deutschen Bahn aufmerksam. Die Deutsche Bahn hatte mehrfach Probleme mit Güterzugentgleisungen, da auf dem großen Gelände Hemmschuhe, die eigentlich die Güterwaggons stoppen sollten, überall verteilt lagen.
Ziel sollte es also sein, mit einer Drohnenkamera das Gelände zu überfliegen und die Hemmschuhe mittels Objekterkennung aufzuspüren. Die Videoübertragung der Bilder sollte über das dort installierte 5G NSA Netzwerk von Ericsson erfolgen. Ich hatte kein großes Budget und wollte das ganze komplett mit Open-Source-Lösungen realisieren. Sehr schnell bin ich auf Nvdia Jetson Nano und auf das Gstreamer-Framework gekommen. Dort kann man sehr kleinteilig festlegen, was mit dem Videostream geschehen soll.
Doch es hat sich gezeigt, dass die Hemmschuhe zu klein waren, um sie im Video zu erkennen, da die Kamera keinen optischen Zoom hatte. Mitten in der Lockdown-Zeit fehlte mir dann auch das Drohnen Development Kit, welches eine bessere Steuerung der Kamera erlaubt hätte. Also musste schnell ein anderer Use Case her, mit Objekterkennung. Wir haben die Objekterkennung mit Videos der Deutschen Bahn trainiert - und da die Güterwaggons im Gegensatz zu den sehr kleinen Hemmschuhen sehr gut erkannt wurden, haben wir uns schließlich darauf geeinigt. Das Jetson Nano habe ich dann mangels Development Kit ganz einfach unter die Drohne getapt.
Aber trotz dieser ganzen Hindernisse hat der Use Case gezeigt, dass eine Videoübertragung mit 5G auch in großer Höhe möglich ist.
Der Einsatz von 5G schreitet ja immer weiter voran. Dennoch wird auch 6G schon heiß diskutiert, besonders wenn es um IoT-Anwendungen geht. Wie siehst Du diese Entwicklung?
Auch das sehe ich pragmatisch. Die Konsortiumsmitglieder wollen wahrscheinlich den 10-Jahres-Rhythmus einhalten. Fakt ist: Das Frequenzband ist voll - alle wollen übertragen. Es sollte weniger Buzzwording betrieben und mehr auf die Probleme eingangen werden.
So versprechen zum Beispiel Millimeter-Wellen-Hochfrequenzsysteme sehr hohe Datenraten, aber im Outdoor-Bereich reicht eine Wolke, um die Übertragung zu dämpfen. Natürlich kann man auch über x Terrabit bei hohen Frequenzen reden, aber was habe ich von einem so hohen Frequenzband? Der Nutzen muss erst einmal im Vordergrund stehen.
Aber wenn 6G einmal umgesetzt wird, kann es dabei helfen, Realität und virtuelle Welt miteinander zu verschmelzen. Mich interessieren Themen wie Digitale Zwillinge und Internet of Senses, aber eines nach dem anderen. Im Moment bin ich erst einmal dabei, 5G vollumfänglich zu erfassen.
Wie geht es weiter bei Dir, ist der Master geplant? Welche Ziele strebst Du aktuell an?
Mein erstes Ziel ist jetzt erst einmal, bei Media Broadcast komplett anzukommen - ich bin ja erst seit etwas mehr als einem Monat dabei. Und natürlich möchte ich mich weiterhin mit 5G beschäftigen und wie man es im Medienbereich am besten einsetzen kann.
Persönlich würde ich mir noch wünschen, den Master dranzuhängen. Ich sehe mich allerdings aus Zeitgründen nicht noch einmal an einer staatlichen Hochschule, sondern würde nur berufsbegleitend studieren wollen. Und dann stellt sich auch die Frage nach dem Studiengang. Ich bin ja eigentlich gelernter Veranstaltungskaufmann. Wollte ich Technik und Wirtschaft miteinander verbinden, müsste es also der Wirtschaftsingenieur sein.
Aber da ist auch der Drang nach neuen technischen Herausforderungen. 5G habe ich nun in gutem Maße verstanden. Smart City mit 6G ist auch ein sehr interessantes Feld. Mich würde es reizen, zu schauen, wie man diese neuen digitalen Entwicklungen so verbinden kann, dass ein technischer und gesellschaftlicher Mehrwert generiert wird.
Siehe auch: Verleihung des FKTG-Innovationspreises
-AB
Bild: Lukas Scheunert (privat)