Laudatio von Prof. Dr.-Ing. Brandenburg für Frau Dr. Anna Kruspe

Sehr geehrte Damen und Herren an den Bildschirmen,

liebe Anna Kruspe,

ich freue mich sehr, dass ich diese Laudatio halten darf. Im Leben eines Professors sind abgeschlossene Dissertationen Highlights, aber Forschungspreise für die Kandidatinnen und Kandidaten, die man über mehrere Jahre betreut hat, schlagen diese Erlebnisse noch deutlich.

Anna Kruspe hat in ihren jungen Jahren schon viel erreicht. Sie war eine unserer besten Studentinnen im Studiengang Medientechnologie an der TU Ilmenau und es gelang uns, sie für das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT zu gewinnen. Schon ihre Diplomarbeit, die sie am Fraunhofer IDMT anfertigte, wurde 2012 mit dem 3. Platz des Hugo-Geiger-Preises der Fraunhofer-Gesellschaft ausgezeichnet. Ihren Lebenslauf und ihre Leistungen seither will ich mit folgenden drei Schlaglichtern beleuchten:

  • wissenschaftliche Leistungen
  • ihre Herangehensweise an die Aufgabenstellungen und
  • ihre Arbeit im Team innerhalb und außerhalb der Arbeitszeiten.

 

In Frau Kruspes Dissertation geht es darum, bei der automatischen Transkription vokaler Musik auch die Sprache mit einzubeziehen, um nicht nur den Melodieverlauf, sondern auch den Liedtext zu erhalten. Im ersten Moment hört sich diese Aufgabenstellung trivial an: Bereits seit mehreren Jahrzehnten wird an Spracherkennungstechnologien geforscht. Inzwischen funktionieren diese mit entsprechendem Aufwand auch gut, wie Alexa und Siri beweisen. Der Forschungsbereich Music Information Retrieval (MIR), also Methoden zur Erkennung von Melodien, ist ein etwas neueres Forschungsthema, an dem in Ilmenau aber auch bereits seit 20 Jahren geforscht wird. Außerdem gibt es weltweit etliche renommierte Forschungsgruppen, das bedeutet, auch in diesem Bereich gibt es entsprechende Methoden und Technologien. Warum sollte man also gesungene Musik einschließlich des gesungenen Textes nicht mit denselben Methoden erkennen können? Wie Frau Kruspe sehr schnell herausfand, ist das doch nicht so einfach. Die einfache Anwendung der bisherigen Methode funktioniert nicht bzw. nur sehr beschränkt. Anna Kruspe ist das Problem systematisch und sorgfältig angegangen und konnte am Ende beweisen, dass es doch funktioniert. Sie erzielte Ergebnisse, die deutlich über das hinausgingen, was irgendwo sonst in der Welt zu diesem Thema erforscht wurde. Sie gliederte ihre Forschungen in Teilfragen auf, dazu gehörten zum Beispiel die Identifikation der Sprache, das Finden von Schlagwörtern etc. sowie das Finden der richtigen Features, also Merkmale der Tonsignale für die Eingangsstufe der machine learning-Algorithmen.

Die hervorragenden Ergebnisse sind teilweise auch in Frau Kruspes Herangehensweise begründet: Sie hat nicht einfach in Ilmenau (im Team) am Rechner an neuen Ideen gearbeitet, sondern sie war zweimal zu Forschungsaufenthalten an weltweit führenden Stellen, zum einen bei Prof. Hermansky an der Johns Hopkins University in Baltimore und zum anderen bei Prof. Masataka Goto am National Institute of Advanced Industrial Science and Technology AIST in Japan. So war sie von den Top-Ergebnissen aus den für ihre Arbeit notwendigen Teilbereichen beflügelt und konnte auch die Herangehensweise anderer internationaler Gruppen in der Forschung studieren. All das, verbunden mit fleißiger Veröffentlichungstätigkeit, führte dazu, dass sie weltweit zu einer gesuchten Gesprächspartnerin wurde mit Einladungen zu Vorträgen bei Google, Amazon und Spotify sowie vielen Universitäten. Inzwischen ist Frau Kruspe am DLR-Institut für Datenwissenschaften in Jena tätig, wo sie weiter an Fragen des maschinellen Lernens forscht.

Es war bereits von Preisen für ihre Arbeit die Rede. Ergänzend sei erwähnt, dass sie auch eine IDMT-Tradition fortführte und in dem jährlichen Wettbewerb im Bereich MIR (MIREX) in ihrer Kategorie den besten Vorschlag erzielte.

Meine Erinnerung an ihre Zeit am Fraunhofer IDMT ist aber auch ganz wesentlich davon geprägt, wie sie sich im Team und bei Veranstaltungen im Institut musikalisch eingebracht hat. Das können wir heute leider nicht hören, aber sie war sehr engagiert bei den Auftritten unserer Instituts-Band dabei, überwiegend am Keyboard.

Es gäbe noch viel mehr zu erzählen. Zum Abschluss bleibt mir nur hinzuzufügen, dass ich sehr stolz darauf bin, dass eine junge Wissenschaftlerin wie Frau Dr. Kruspe bei uns gearbeitet und geforscht hat.


Herzlichen Glückwunsch!

Prof. Dr.-Ing. Karlheinz Brandenburg