Wilhelm Albrecht und seine MWA


Aus der Reihe: Unternehmen - Gründer - Personen
von Norbert Bolewski


Über 35 Jahre bildeten Magnetton-Bandspieler das technische Rückgrat in Film- und Fernsehbetrieben, wenn es um die Bearbeitung von Filmtonaufnahmen bei der Filmproduktion, bei der Synchronisation und der Wiedergabe von Film-News im Fernsehen ging. In Anlehnung an den Firmengründer nannte man die Magnetfilm-Laufwerke ­­des Unternehmens in Hollywood im Fachjargon sogar „The Albrechts“. Und der Name Mechanische Werkstätten Albrecht, in der Abkürzung und im Logo MWA, galt weltweit als Synonym dafür, wenngleich es im Laufe der Jahrzehnte Entwicklungen auch aus anderen Unternehmen gab. Das in (West-)Berlin ansässige mittelständische Unternehmen zählte kaum jemals mehr als 50 Mitarbeiter und war nicht nur Marktführer, sondern auch Motor der Weiterentwicklungen parallel zu den neuen film- und fernsehtechnischen  Fortschritten.

Aber wer steckte eigentlich dahinter? Wie war das damals? Vor kurzem hatte ich Gelegenheit, mich darüber mit Margret Nilsson-Albrecht, der Tochter des Firmengründers, und Peter Stroetzel, dem letzten Geschäftsführer und Sohn des Albrecht-Freundes Werner Stroetzel, zu unterhalten. Hier nun die “Albrecht-Story”.


Wilhelm Albrecht und die Anfänge der MWA

Schon in frühester Jugend, so erzählte man der Tochter Margret Albrecht, hätte sich ihr Vater Wilhelm von anderen Knaben des Jahrganges 1902 unterschieden. Wenn diese damals mit Zinnsoldaten spielten, zerlegte, untersuchte und reparierte er defekte technische Geräte und entwickelte Konstruktionen unterschiedlichster Art. Es galt deshalb in der Familie als sicher, dass es für ihn nur einen Berufsweg geben könne, den des Erfinders, des Ingenieurs.

 

Bild: Wilhelm Albrecht an der Werkbank, etwa 1930

Gleich nach Besuch der Internatsschule Schloss Bischofstein, einem Praktikum beim Autohersteller Opel und Absolvierung der Ingenieurausbildung am Technikum in Strelitz, gründete er tatsächlich dann 1926 seine Firma, die Mechanische Werkstätten Wilhelm Albrecht, mit Sitz im Souterrain der Blumenthalstr. 11 in Berlin-Tempelhof. Und er entwickelte selbst das Logo MWA, das später zum weltweit bekannten Markenzeichen für Gerätesysteme zur bildsynchronen Tonbearbeitung werden sollte.

Das junge Medium Hörfunk faszinierte den damals 24-Jährigen, und so befasste sich sein Unternehmen zunächst mit der Erstellung von Bauteilen und Montageanleitungen für Radios. Sie wurden an Rundfunkenthusiasten verkauft, die sich daraus ihre Empfänger selber zusammenbauten.

Später, als die Industrie Radios serienmäßig fertigte, wurde die Firma hauptsächlich zum Zulieferbetrieb; zu den Kunden gehörten unter anderem die Firma Blaupunkt und die Deutsche Fernkabel-Gesellschaft.

Der Freund Werner Stroetzel

Bild : Werner Stroetzel (l.) mit dem Regisseur Georg Rothkegel (r.), 1953

In dieser Zeit entstand die Freundschaft zu Werner Stroetzel, der nach seinem Studium an der Technischen Hochschule in Berlin von 1926 bis 1936 eine Reparaturwerkstatt für Rundfunkgerätebetrieb.

Die beiden Freunde tüftelten an allen möglichen Radioempfängern herum, bauten sogar unerlaubterweise einen eigenen Sender, mit dem sie die Anwohner der Umgebung mit Musik versorgten. Aber auch ein Schnellboot wurde gebaut (in den 1990er Jahren dem Technischen Museum in Berlin übergeben), und ein Außenbordmotor unter Verwendung von Gussteilen eines Johnson-Motors.

Im Jahr 1936 ging Werner Stroetzel als Entwicklungsingenieur zur Firma Telefunken, drei Jahre später zur Firma Klangfilm, wo er als Assistent im Labor von Professor Dr. Albert Narath im Bereich Lichtton an wesentlichen Entwicklungen der Filmtonaufzeichnung beteiligt war.

Die Freundschaft und der ständige Kontakt zu Wilhelm Albrecht blieben jedoch trotz der örtlichen Trennung erhalten und führten ab 1946 - nach Werner Stroetzels Entlassung aus französischer Kriegsgefangenschaft, in die er als Mitarbeiter der Firma Klangfilm in Emmendingen geraten war  – zu einer neuerlichen fruchtbaren Zusammenarbeit.

1936 war das Unternehmen aus dem Souterrain in Tempelhof in ein Fabrikgebäude in der Juliusstraße in Neukölln umgezogen  –  dies unter allgemeinem Beifall der übrigen Hausbewohner, da Wilhelm Albrecht es nie geschafft hatte, seine Erfinderphasen normalen Arbeitszeiten anzupassen und häufig die nächtliche Ruhe störte, wenn er seine Entwicklungen in die Praxis umsetzte.

Zehn Jahre nach Gründung bestand nun die Hauptaufgabe darin, das Reichspostzentralamt mit Entwicklungen und Ausrüstungen für die Rundfunk- und Kommunikationstechnik zu beliefern.

1944 wurden die Geschäftsräume bei einem Bombenangriff teilweise beschädigt. Wilhelm Albrecht war es, gemeinsam mit den wenigen ihm verbliebenen Mitarbeitern, in einem selbst organisierten Löscheinsatz geglückt, die totale Zerstörung zu verhindern.

Das Materiallager und die wichtigsten Spezialmaschinen konnten über das Kriegsende gerettet werden und so startete das Unternehmen 1945 mit fünf Mitarbeitern in eine neue Zukunft.

Erste Schritte nach dem Krieg

Erste Betätigungsfelder waren – der Zeit entsprechend – die Herstellung von Gegenständen für den damals täglichen Bedarf, wie zum Beispiel Kaffeeröstpfannen, Tabakschneidemaschinen und Feuerzeuge – aber auch die Wiederherstellung von defekten Geräten, so z. B. Kino-Filmprojektoren, Daraus ergaben sich die ersten Kontakte zur Filmindustrie.

Ein neues Geschäftsfeld eröffnet sich

Schon gleich nach dem Krieg entwickelte sich erstaunlich schnell im damals in allen vier Besatzungszonen der Siegermächte aufgeteilten Deutschland eine neue Filmindustrie. Neben den deutschen Filmproduktionen kamen aber nun auch sehr viele ausländische Filme nach Deutschland, die in englischen, französischen bzw. russischen Original-Sprachfassungen für die Wiedergabe im Kino ins Deutsche synchronisiert werden mussten. Der Bedarf an Geräten zur Filmtonaufnahme und -bearbeitung, insbesondere für die Synchronisation von fremdsprachigen Filmen, eröffnete ein neues Interessen- und Geschäftsfeld.

Es war Werner Stroetzel, der 1946 eine Anstellung als Tonmeister bei der Berliner Synchronfirma Kaudel-Film gefunden hatte und der Firma  MWA den Auftrag zum Bau einer Lichttonkamera vermittelte. Er selbst brachte hierfür seine theoretischen und praktischen Erfahrungen aus der Filmtontechnik ein. Durch seine Kontakte zur Firma Klangfilm wurde deren Lichttonoptik zugeliefert. Es entstand bei MWA die LTK 1, die 1946 von der Kaudel-Film in Betrieb genommen wurde.

Außerdem begann Werner Stroetzel mit der Entwicklung und Konstruktion eines Mischpultes für die Filmtonbearbeitung. Diese Arbeit wurde 1948, nachdem er seine Tätigkeit als Tonmeister bei der Internationalen Film-Union in Teningen, später Remagen, aufgenommen hatte, von einem neuen Mitarbeiter der MWA, dem jungen Ingenieur Günter Kieß, beendet.

Das Mischpult wurde 1948 fertiggestellt und an die Ufa ausgeliefert, wo es bis 1970 in Betrieb war.

Wilhelm Albrecht befasste sich immer intensiver mit der Thematik der Filmtonaufnahme und -bearbeitungsabläufe im damals durchgängig eingesetzten Lichttonverfahren. Insbesondere die Tonbearbeitung, so auch die Synchronisation, erforderte den Einsatz von schwierig zu importierendem Negativmaterial und war zudem äußerst umständlich und zeitaufwändig.

Entwicklung der Magnetton-Bandspieler

Wilhelm Albrecht erkannte unter Auswertung von Laborversuchen aus den USA, dass eine wesentliche Vereinfachung erzielt werden kann, wenn man statt des Lichttons den Magnetton verwendet.

Auf Anregung des damaligen Technischen Direktors der Ufa Dr. Martin Ulner entwickelte er 1949 die für 17,5 mm Magnetfilm eingerichtete Magnetton-Kamera MTK 1. Kennzeichen dieser wegweisenden Konstruktion bildeten zwei unterschiedlich große Schwungmassen, um Pendelschwingungen zu unterdrücken, luftgedämpfte Pendelrollenfilter zur  Gleichlaufstabilisierung, auswechselbare Kopfträger und ein vom Film getriebener Meterzähler. Um den Magnetfilm rasch auf Betriebsgeschwindigkeit zu bringen, ohne die Perforation zu beschädigen, wurde die Haupt-Schwungmasse beim Start gesondert beschleunigt und erst knapp vor Erreichen der Sollgeschwindigkeit an den Magnetfilm angekoppelt. Mit diesem Laufwerk wurde Ende März 1950 in den Ufa-Studios Berlin-Tempelhof der englische Film „Die seidene Schlinge“ synchronisiert.

Bild: Mitarbeiter in den Werkstatträumen in der Juliusstr (1951).

Albrecht wusste, dass er bei seiner Entwicklung auf das Hochfrequenz-Patent DE 743 411 zurückgriff, auf das AEG ein Patent hatte und schloss mit AEG ein Abkommen, dass das Unternehmen die MTK 1 vermarkten sollte. Allerdings intervenierte Siemens Klangfilm nun gegen AEG. Daraufhin entschloss sich Albrecht in Absprache mit AEG, es selbst zu vermarkten, legte aber Widerspruch gegen die von Siemens geforderten extrem hohen Lizenzkosten ein, die seines Erachtens nicht gerechtfertigt schienen. Tatsächlich konnten die von Albrecht und Bavaria bestellten Patentanwälte nachweisen, dass keines der von Siemens angeführten 100 Patente für seine Entwicklung relevant war. Da das erstgenannte Patent am 28. Juli 1955 ablief, lieferte man aber die ersten Exemplare vorerst nur an einen sehr begrenzten Kundenkreis.


Bild rechts : Die ersten MTK 1-Modelle vor der Auslieferung 1952 in den Firmenräumen

Der wirtschaftliche Erfolg begann

Mit dieser Entwicklung waren die Weichen für die nächsten Jahrzehnte des Unternehmens gestellt. Diese Konzeption war so fortschrittlich, dass sich in den nächsten 30 Jahren praktisch weltweit alle Magnetfilm-Laufwerke (so die fachlich korrekte Bezeichnung für die Magnetbandspieler mit Magnetfilm) an diesem Vorbild orientierten. Der MTK 1 folgten Weiterentwicklungen wie die MTK 2 und die Magnetton-Bandspieler MB 1 und MB 2.

Bild: Magnetbandspieler MB 2/1 zur Wiedergabe von Magnetfilm 17,5 und 35 mm mit eingebautem Wiedergabeverstärker aus dem Jahre 1963

Erwähnt sei noch, dass Wilhelm Albrecht außerdem in den 50er Jahren einige maßgebliche Entwicklungen für den Bereich der Schallplattentechnik gelangen. In Zusammenarbeit mit Georg Neumann und dessen Mitarbeiter Günter Lützkendorf sowie Horst Redlich von der Teldec entwickelte und fertigte er den Vakuum-Ansaugteller, die Schreiberaufhängung und entwickelte den Vorschubantrieb VA 32 mit Steuerverstärker SV 32 zur amplitudenabhängigen Rillen-Vorschubsteuerung für die Schallplatten-Schneidemaschinen VMS 32 der Firma Neumann GmbH.

Auf dieser Basis fanden auch später Weiterentwicklungen statt – so im Jahr 1966 bzw. 1968 der Vorschubantrieb VA 66 mit transistorisiertem Steuerverstärker SV 66 für die Stereo-Aufnahmemaschine VMS 66.

Umzug und Bau der Mauer

Das Jahr 1961 war geprägt vom Umzug des Unternehmens zum Maybachufer (ebenfalls in Berlin-Neukölln), es war aber auch überschattet vom Bau der Berliner Mauer. Der drohende Verlust von Mitarbeitern, die im Ostteil der Stadt lebten, konnte durch den Einsatz von Firmenangehörigen verhindert werden, die es schafften, ihre Kollegen und deren Familien durch die damals noch löchrige Grenzmauer in den Westteil Berlins zu schmuggeln.

Ein Jahr später  –  1962  –  verstarb Wilhelm Albrecht, erst 60jährig.

Er, der maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der Studiotechnik hatte, durfte den weiteren Aufstieg seines Unternehmens nicht mehr erleben.


MWA ohne Wilhelm Albrecht

Bild: Helene Albrecht übernahm nach dem Tod von Wilhelm Albrecht 1961 die Gesamtleitung des Unternehmens

Die Leitung der Firma wurde von seiner Witwe Helene Albrecht übernommen.

Bereits seit 1944 für die kaufmännischen Belange des Unternehmens tätig und seit 1956 anlässlich der Umwandlung der Firma in eine GmbH zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin bestellt, war sie mit dem Betrieb so vertraut, dass sie ihn erfolgreich weiterführen konnte, unterstützt von einem langjährigen Mitarbeiterstamm, insbesondere dem – ebenfalls 1956 zum Geschäftsführer bestellten – Ingenieur Günter Kieß, der fortan für die Technische Leitung verantwortlich war, sowie dem Konstrukteur Rolf Brugberger, der seit 1946 dem Betrieb angehörte.

Wilhelm Albrecht hatte seine Mannschaft nach allen Kräften gefördert und so konnte sein technisches Werk in seinem Sinne fortgeführt werden .

Bild rechts : Der junge Günter Kieß, Geschäftsführer der MWA (l.) und Wilhelm Albrecht (r.) im Gespräch mit dem Konstrukteur Rolf Brugberger, 1961

Noch im selben Jahr brachte das Unternehmen den neuen Magnetton-Bandspieler MB 3 auf den Markt, speziell für den Betrieb in den damals noch jungen Fernsehanstalten konzipiert.

Er wurde 1964 vom verbesserten Nachfolgemodell MB 31 in der neuen geradlinigen Gehäuseform ersetzt.

1968 konnte die Firma durch die Entwicklung der „knackfreien“ Aufnahme-Einschaltung (Insert-Recording) den Studios eine weitere erhebliche Verbesserung bieten. Diese neue Technik gestattete es erstmals, Fehler oder Versprecher direkt bei der Aufnahme zu korrigieren. Bis dahin war es notwendig gewesen, für jede Korrektur wieder am Anfang der Filmrolle zu beginnen.

Elektronische Steuerung

Eine bedeutende Entwicklung stellte 1969 der Magnetton-Bandspieler MB 41 mit der elektronischen Antriebssteuerung Syntronic dar. Dieses System ersetzte die bis dahin verwendeten, schwerfälligen und in ihrer Leistungsfähigkeit begrenzten elektromechanischen Verkopplungsformen. Die sog. Syntronic-Steuerung ermöglichte erstmals die problemlose Verkopplung einer beliebigen Anzahl von Filmlaufwerken.

1970 wurde die Verbundenheit zwischen Wilhelm Albrecht und Werner Stroetzel durch die Einstellung von dessen Sohn Peter Stroetzel als Prüf- und Entwicklungsingenieur manifestiert, nachdem er schon vorher als Werkstudent im Betrieb tätig gewesen war.

Im Jahre 1970 konnte die Kette der Neuentwicklungen um ein weiteres Glied erweitert werden: aufgrund der Erkenntnis, dass die hohe Arbeitsgeschwindigkeit der elektronisch gesteuerten Magnetfilm-Laufwerke im Studiobetrieb den Bildprojektoren herkömmlicher Bauart überlegen war, wurden erstmals auch Bildlaufwerke in die Entwicklung genommen.

Mit der Konstruktion des Bildabtast-Laufwerks BA 41 wurde den Studiobetrieben ein Projektionssystem für Mischungen und Kommentaraufnahmen angeboten, das ebenso schnell arbeiten konnte wie die Magnetfilm-Laufwerke. Die Bildwiedergabe erfolgte über Fernsehmonitore.

Parallel dazu wurde der BA 41 als Projektions-Bandspieler PB 41 so erheblich verbessert, dass den Studios erstmals auch ein schnelles Laufwerk für die Direktprojektion von Bildfilm zur Verfügung stand.

Wenig später wurde die Automatische Positionssteuerung AP 41 vorgestellt, deren Funktionen es u. a. ermöglichten, bei Verwendung von Bild- und Tonlaufwerken der Firma  MWA bei Synchronisationsarbeiten auf das bisher unumgängliche und kostenintensive Herstellen von Filmschleifen zu verzichten.

Eine weitere bedeutende Entwicklung stellte 1971 das Video-Koppelgerät VK 30 dar, mit dem die Verkopplung von herkömmlichen Magnetton-Laufwerken mit MAZ-Geräten der Videotechnik ermöglicht wurde.

Neue Geschäftsleitung

Im Jahre 1974 übertrug Helene Kunow-Albrecht die Geschäftsleitung ihrer Tochter Margret Albrecht. Somit übernahm nun die zweite Generation der Familie Albrecht die Gesamtverantwortung für das Unternehmen. Ihre erste Bemühung um die Behauptung des Unternehmens auf dem Markt war die Einleitung einer umfassenden Umstrukturierung des Betriebes. Die Produktionsräume wurden erweitert und technisch modernisiert.

Bild:1974 übernahm Margret Albrecht die Gesamt-Geschäftsführung, im Hintergrund der Entwicklungsingenieur Peter Stroetzel

Rationalisierung und Optimierung der Fertigungsmethoden und -abläufe, ein eigener, neu gegründeter Zulieferbetrieb und ein erweiterter Mitarbeiterstamm sorgten für vergrößerte Produktionskapazitäten und kürzere Lieferzeiten, neu organisierte Vertriebswege eröffneten die Möglichkeit, weitere Märkte zu erschließen. Durch diese Maßnahmen konnten die jährlichen Umsätze von 1974 bis 1980 mehr als verdoppelt werden.

Die  Wilhelm Albrecht GmbH wurde im 1980 erschienen ADAC-Reiseführer als eine der „Technischen Sehenswürdigkeiten in Deutschland“ eingestuft.

Technischer Geschäftsführer blieb weiterhin Günther Kieß, der sich lange Jahre auch als Obmann des FA Magnettontechnik sehr für die notwendige Normenarbeit beim Fachnormenausschuss Kinotechnik (FAKI) im DIN einsetzte. 25 Jahre nach Einführung der Magnetfilmtechnik konnte 1975 mit der DIN 15573 „Studio-Magnetfilmgeräte“ ein beispielhaft umfassendes Normenwerk für die bildsynchrone Tonaufzeichnung vorgelegt werden.

Der Capstan-Antrieb

Mit dem MB 42, einer Weiterentwicklung des so lange bewährten MB 41, war die Technik der Magnetfilm-Laufwerke mit Zahntrommelantrieb ausgereizt.

Bild: Kombination Magnetfilm-Laufwerk MB 43 (unten) und Bildfilm-Projektionslaufwerk PB 43  (oben) aus dem Jahre 1978

Mit dem 1977 eingestellten Entwicklungsingenieur Jürgen Wallow und Peter Stroetzel wurde Ende der 70er Jahre  ein revolutionärer neuer Laufwerktyp, der MB 51 mit Capstan-Antrieb und Mikroprozessor-Steuerung, entwickelt. Für die mechanische Konstruktion zeichnete Rolf Brugberger verantwortlich. Der Filmantrieb erfolgte ausschließlich über einen glatten Capstan mit 180° Umschlingung und ohne Andruckrolle. Mit einer kleinen, ohne Reibung laufenden Zahntrommel wurde die Position des Films exakt ermittelt. Zwei kräftige Gleichstrom-Scheibenläufermotoren sorgten prozessorgesteuert für die Spannung der Filmschleife. Dieses Prinzip ermöglichte ein extrem einfaches Einlegen des Magnetfilms, kürzere Hochlaufzeiten und wesentlich höhere synchrone Rangiergeschwindigkeiten (750 Bilder/s bei 16 mm Magnetfilm, 100 Bilder/s bei 35 mm).

Ergänzend zum MB 51 wurde dann 1981 das passende Projektionslaufwerk, der PB 51‑16 mit 500 W Xenonlampe vorgestellt, ihm folgte im Jahr 1983 der PB 51‑35 mit 1600 W Xenonlampe. Bei beiden Bildlaufwerken erfolgte die Bildabtastung über das von der dänischen Firma Micro-Optics zugelieferte Holoscope.


Bild: Kurz vor der Auslieferung 1983, vier Magnetbandspieler MB 51 und das Projektionslaufwerk PB 51

Ende 1983 konnte auch die zu den Laufwerken der 51er Serie passende Steuerung, das VFS-System, fertiggestellt werden. Mit dieser programmierbaren Steuerung konnten sieben MB 51, ein PB 51 sowie ein Videorecorder synchron betrieben werden.

Mit dem VFS-System sowie der ebenfalls 1983 entwickelten Vorabtast-Leuchtbandanzeige und der 1984 weiterentwickelten Studiouhr UZ 50 stand nun den Fernseh- und Filmstudios ein komplettes Bearbeitungssystem zur Verfügung. Das war der entscheidende Faktor für die Erteilung des Großauftrags für die Ausstattung des damaligen Neubaus des Mainzer ZDF-Fernsehzentrums am Lerchenberg.

Die Firma Siemens-Klangfilm, bis dato der große Mitbewerber bei den in- und ausländischen Fernsehanstalten, stellte daraufhin die Fertigung von Filmlaufwerken ein.

1984 verkauften die Eigentümerinnen Helene Kunow-Albrecht und Margret Nilsson-Albrecht ihre Geschäftsanteile an die Berliner Elektro Beteiligungen, woraufhin die Börseneinführung als Berliner Elektro Holding AG erfolgte. 1989 wurde das Unternehmen umbenannt in „W. Albrecht GmbH Studiogeräte“, das Signet blieb weiterhin bestehen.

Ein weiterer technischer Höhepunkt der Magnetfilmtechnik

In der Folgezeit wurden die Anforderungen an den wirtschaftlichen Einsatz der Magnetfilm-Laufwerke immer stärker. Das führte zur Entwicklung des UCS-Steuersystems, das 1989 erfolgreich auf den Markt gebracht wurde. Es ermöglichte, bis zu 20 Laufwerke in einem Maschinenpool aus insgesamt acht Studios anzuwählen, abhängig vom jeweiligen Bedarf des einzelnen Studios. Die synchrone Anwahl und Steuerung erfolgte über eine RS 485 Schnittstelle, die in jedes Laufwerk und jede Steuereinheit eingebaut war. Die durchgeschleifte Verbindung erfolgte über eine einfache zweiadrige Leitung (Daisy Chain), die bis zu 1000 m lang sein durfte.

Bis zu acht Steuereinheiten konnten an beliebiger Stelle in die Leitung eingeschleift werden und auf 20 Laufwerke zugreifen. Die jeweils an eine Steuereinheit angekoppelten Laufwerke konnten als Gruppe angesteuert, aber auch einzeln gegen die Gruppe verzogen werden. Außerdem waren Schleifensteuerung und Bedienung der Aufnahmefunktionen von den Bedienfeldern aus möglich.

Die digitale Tontechnik erobert das Feld

 In den folgenden Jahren wurde der Einfluss der Computer-Digitaltechnik auch im Bereich der Film- und Fernsehtechnik immer stärker und verdrängte letztendlich die analoge Tontechnik und somit auch die Magnetton-Technologie.

Bild: Der scheidende Geschäftsführer Günter Kieß nimmt aus der Hand  des FKTG-Vorsitzenden Prof. Dr. Ulrich Reimers die Oskar-Meßter-Medaille entgegen, eine der beiden höchsten Auszeichnungen, die die Gesellschaft zu vergeben hat

In Folge dieser erkennbaren Entwicklung schied 1991 der Geschäftsführer Günter Kieß nach über 40jähriger Tätigkeit auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen aus und ging in den Ruhestand. 1992 ehrte ihn die FKTG mit einer der beiden höchsten zu vergebenden Auszeichnungen, der Oskar-Messter-Medaille.

Back to the Roots

Peter Stroetzel, bereits 1990 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer ernannt, übernahm fortan die Leitung der Firma.

Um die Weiterführung des Betriebes zu sichern, mussten neue Produkte gefunden werden.

Nachdem eine Marktanalyse ergeben hatte, dass zur Herstellung von Lichtton-Negativen immer noch die inzwischen veraltete Kamera der Firma Westrex mit einer mechanisch gesteuerten Optik verwendet wurde, erkannte Peter Stroetzel die Marktlücke und initiierte die Entwicklung der modernen Laser-Lichttonkamera LLK 3. Back to the Roots könnte man sagen, von der Lichttonkamera LTK 1 1946 zur lasergesteuerten LLK 3!

Zur Realisierung gründete er zusammen mit Dr. Jürgen Ristow, dem ehemaligen Leiter der Hauptabteilung Technik der DEFA-Studios in Babelsberg, die Firma Optronik GmbH, die dann - mit Hilfe von Zuschüssen des Ministeriums für Forschung und Entwicklung - die Entwicklungsarbeit durchführen konnte.

Die Zuteilung der Mittel war an die Forderung gebunden, dass die weltweit bekannte Firma Albrecht zumindest den Vertrieb übernahm. Letztendlich fertigte sie aber auch die Lichttonkamera LLK 3; die technische Koordination übernahm Dipl.-Ing. Dr. Jens-Peter Mönch (TU Dresden), der von der Optronik zur Firma Albrecht  gewechselt war.

Bild: Lichttonkamera LLK 3 mit Laserbelichtung, 1998

Die LLK 3 arbeitete mit einem gesteuerten Laserstrahl, der die zweispurigen Analogspuren (Dolby SR) sowie die Steuerspur für das inzwischen eingeführte DTS-System aufzeichnete. Außerdem zeichnete die Kamera auch das digitale Signal des SRD-Dolby Systems auf, das von Dolby als Bausatz zugeliefert und in die Kamera integriert wurde. Im Oktober 1996 konnte die erste LLK 3 ausgeliefert werden.

Filmstudios und Kopierwerke in aller Welt rüsteten sich mit der LLK 3 aus. Aber der Markt war begrenzt und der Bedarf bald gesättigt – das Medium Bildfilm mit aufgebrachter Lichttonspur wurde von der digitalen Videotechnik abgelöst.

Bereits 1997 hatte die Berliner Elektro Holding AG das Interesse an dem Bereich Film- und Fernsehtechnik verloren und Peter Stroetzel übernahm die Firma.

2002 war dann die sechsjährige Erfolgsgeschichte der LLK 3  abgeschlossen. Der Auftragsrückgang war nicht mehr zu verkraften und so musste die Firma Albrecht  letztendlich Insolvenz anmelden.

Des Ende der Erfolgsgeschichte der Firma Albrecht

Die Ära von Lichtton- und Magnetton-Technik – sowohl für die Film- und Fernseh-Tonbearbeitung als auch für die Filmprojektion – war beendet und damit auch die bedeutende Geschichte der Firma Albrecht.

Begonnen hatte sie 56 Jahre zuvor mit der Herstellung einer Lichttonkamera, sie wurde fortgeführt mit zum Teil revolutionierenden Geräten für die Magnetton-Technik und endete mit der Neu-Entwicklung und der Herstellung von Lichttonkameras.

Im Jahr 2002 wurden die wesentlichen Vermögensgegenstände der Firma an die Teltec Berlin GmbH veräußert. Die Teltec war für die Fortführung des Unternehmens besonders geeignet, da sie als Service-Dienstleister bereits einige Jahre für die Firma Albrecht  tätig gewesen war. Um diese Fortführung auch nach außen hin deutlich zu machen, wurde der Firmenname entsprechend geändert in MWA-Nova GmbH (s. auch Website der MWA-Nova), das über 75 Jahre alte Logo blieb erhalten.

Durch die Übernahme von Herrn Dr. Mönch und dem langjährigen Werkstattleiter der alten  Albrecht-MWA, Herrn Salchow, sowie durch die beratende Tätigkeit von Peter Stroetzel konnte auch der wesentliche Erhalt des vorhandenen Know-How gesichert werden.