Digitale Technologien im Fußball

Digitale Technologien im Fußball

Neue Technologien haben längst Einzug in die den Spitzensport gehalten. Ob personalisiertes Fanerlebnis oder die Auswertung von Trainings- oder Spieldaten, die Einsatzbereiche sind vielfältig.


Im Interview mit dem Handelsblatt sprach Oliver Kahn, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, unlängst über die Digitalstrategie des Clubs und eine neue Kooperation mit einem bekannten Technologieanbieter, um das Fanerlebnis noch stärker zu personalisieren. Man wolle die Angebote genau auf die Fans zuschneiden und so eine „Eins-zu-eins-Ansprache“ zu erreichen, heißt es dort.

Der FC Bayern befindet sich mit dieser Zukunftsvision der Fanansprache in bester Gesellschaft. Viele Clubs haben die Vorteile der Digitalisierung längst für sich entdeckt und nutzen die neuen Technologien gezielt aus, um die Fans noch stärker an die Vereinsmarke zu binden. Ein eigener TV-Sender, dessen Inhalte über klassische Verbreitungswege, im Web oder auf mehreren Kanälen zur Verfügung stehen, personalisierte Fanerlebnisse über die App und noch mehr: Die Spitzenclubs investieren bereits seit Jahren sehr stark in ihre Medienabteilungen.

So weit, dass einige Journalisten diese Entwicklung kritisch für den Sportjournalismus sehen, denn die Vereine können so ihre Kommunikation weitgehend selbst steuern, wie schon ein Beitrag aus 2015 im Deutschlandfunk ergab.

Auch mit neueren Formen der Vermarktung wird experimentiert. Erst Ende Juli ließ der FC Barcelona sein erstes NFT "In a way immortal", inspiriert von Johan Cruyff, bei Sotheby's in New York versteigern - für 693.000 $. Der Käufer hat noch vier weitere NFTs erworben, darunter ein statisches Bild der animierten Version, und wird damit nun zum „Barça Digital Ambassador“, quasi eine Art „VIP-Fan“.

Das erste in New York versteigerte NFT ist Teil einer Sammlung von zehn Werken, die der Club in den kommenden Monaten nach und nach präsentieren will. Diese sei Teil des strategischen Engagements des Clubs, Technologie und Innovation einzusetzen, um so unvergessliche Momente der Clubgeschichte für Fans festzuhalten und sie zu inspirieren. NFTs sollen so zu einem neuen Produkt für Premium Entertainment werden.

KI und Big Data im Sport auf dem Vormarsch

Nicht nur in Sachen NFT, auch allgemein spielt der FC Barcelona im Bereich der Digitalisierung ganz vorne mit. So hat der Verein vor Jahren bereits das Barça Innovation Hub gegründet, ein Innovations- und Wissenszentrum für den Sport. So will man wissenschaftliche Forschungsprojekte fördern und zur Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen beitragen. Auch eigene Fortbildungsprogramme sind über die Website buchbar, etwa zum Rechtemanagement im Fußball.
 



Vorstellung des Barça Innovation Hub auf dem Youtube-Kanal des FC Barcelona
 

Quelle: Youtube, FC Barcelona
 



Fan-Entertainment und Club-Marketing sind das eine, die Erhebung und Auswertung von Trainings- und Leistungsdaten der Spieler das andere. Ob zur Prävention, Diagnose oder Behandlung von Verletzungen, zur Erstellung individueller Trainings- und Ernährungspläne oder gar zur Entwicklung neuer Nahrungsergänzungsprodukte, die Gründe, die für eine verstärkte Analyse der Daten sprechen, sind vielfältig. In vielen Profi-Clubs werden die Trainings heute aufgezeichnet und ausgewertet. Die Spieler tragen zum Beispiel mit Sensoren bestückte Gurte, die Aufschluss über die körperliche Verfassung des Spielers geben. 

Auch die Fans könnten sich in Zukunft über mehr Performance-Details freuen. So könnten, wie Oliver Kahn im Handelsblatt-Interview erläutert, einzelne Performance-Daten der Spieler während des Spiels live den Fans zur Verfügung gestellt werden, wie es etwa in anderen Sportarten längst Alltag ist. Daten werden jedoch nicht nur zur Vermessung und Analyse der Leistungsfähigkeit der Spieler eingesetzt, sondern auch immer mehr für Spieltaktik oder für eine optimiertere Entscheidungsfindung. 

Sensorik im Sport: Entwicklungen des Fraunhofer IIS

Das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen IIS hat etwa GoalRef entwickelt. Eine Technologie mit der Torlinienentscheidungen in Ballsportarten sicher getroffen werden. Um das Tor herum wird dazu eine „Exciterspule“ ausgelegt, die ein schwaches magnetisches Primärfeld erzeugt und das Tor definiert.

Der Ball selbst wird ebenfalls innen mit Spulen versehen, die vom Magnetfeld des Tores erkannt werden. Der Schiedsrichter kann dank der Auswertung der Veränderung im Magnetfeld direkt sehen, ob ein Tor erzielt wurde, d. h. die Torlinie komplett überschritten wurde. Auch die genaue Position des Balls lässt sich so ermitteln. Die Lösung erfordert laut Fraunhofer IIS keine spezielle Infrastruktur und nur eine kurze Installationszeit.

Eine Fußballtechnologie speziell für das Training haben die Fraunhofer-Forschenden im Eurostars Projekt iBall-R2 gemeinsam mit NEXT11 Technologies ApS, Select Sports A/s und Ming Labs GmbH vorgelegt. Diese ermöglichen eine Echtzeit-Analyse sowohl der Spieler-Performance als auch des des Spielverlaufs. Durch kostengünstige Sensoren und Machine Learning steht so auch kleineren Profi- oder Amateurvereinen eine Technologie zur Verfügung, mit der sich die Leistung der Spieler im Training und im Spiel messen lassen.

Das kleine und leichte Sensorikmodul wurde ohne Beeinträchtigung der Flugeigenschaften in einen professionellen Fußball integriert. Die Spieler tragen ein Wearable, das das wie das Ballmodul Beschleunigungen, Drehungen und Magnetfelder messen kann und diese über Bluetooth an ein zentrales Gerät überträgt, etwa ein Tablet. In einer App werden dann dem Trainer oder den Spielern die Analyseergebnisse aufbereitet angezeigt.

Wer beide Technologien live erleben will hat vom 11. bis 15. August 2022 in München Gelegenheit dazu. Im Rahmen des Festivals „The Roofs“, das die European Championships Munich 2022 begleitet, präsentiert das Technology Roof des Fraunhofer IIS aktuelle Entwicklungen aus den Bereichen Sportstracking, MPEG-HG, Energy Harvesting und Maschinellem Lernen in der Produktion.

-AB
Bild: brokerx, Pixabay
 



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