Gründung der „Universität des bewegten Bildes“


Autor: Norbert Bolewski


Am 8. Juli 2014 wird mit einem Festakt die erste Filmuniversität in Deutschland gegründet. Sie geht aus der bisherigen Hochschule für Film und Fernsehen HFF in Potsdam hervor und heißt dann offiziell Filmuniversität Babelsberg „Konrad Wolf“. Im Vorfeld dieses Ereignisses luden Land und Hochschule zur Information in die Staatskanzlei Brandenburg in Potsdam.

[caption align=left]HFF-Präsidentin Stürmer, Ministerpräsident Woidke und Wissenschaftsministerin Kunst: Gemeinsam berichteten sie am 23. Juni in der Brandenburger Staatskanzlei in Potsdam über die Gründung der Filmuniversität Babelsberg „Konrad Wolf“, deren feierliche Eröffnung am 8. Juli erfolgen wird[/caption]

 

Europäisches Forschungszentrum für die Kreativwirtschaft

[caption align=left]Ministerpräsident Dietmar Woidke[/caption]Als „Universität des bewegten Bildes“ und Erbe der bisherigen Hochschule für Film und Fernsehen, HFF, sieht Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke die kommende neue Filmuniversität. Sie soll Motor für eine Weiterentwicklung der Hochschule sein und eine bessere Sichtbarkeit im Wettbewerb der Filmhochschulen und Universitäten weltweit verschaffen. Sie soll auch den Zugang schaffen zu neuen Partnern in der Forschung, in der Wissenschaft und auch bei der Wirtschaft, beispielsweise bei der Drittmitteleinwerbung und auch bei der Bildung von Kooperationen. Der Medienstandort Potsdam-Babelsberg sei wie kaum ein anderer in Europa geradezu prädestiniert dafür, ein europäisches und internationales Forschungszentrum für die Kreativwirtschaft im 21. Jahrhundert zu werden. Die neue Universität wird eine zentrale Rolle an der Schnittstelle  zwischen Medienausbildung und der Medienpraxis einnehmen. Auch räumlich gibt es ja am Standort Potsdam-Babelsberg eine große Konzentration an Medienunternehmen. Besondere Berücksichtigung soll dabei der von der Landesregierung so gesehene Fachkräftebedarf in der Kreativwirtschaft Berlins und Brandenburgs finden.

Universitätswerdung als Prozess

[caption align=left]Wissenschaftsministerin Sabine Kunst[/caption]
Wissenschaftsministerin Sabine Kunst hob hervor, dass hier ein neuer Typ von Universität entsteht, der zwar mit seiner Fachspezifizierung an ihre alte Bedeutung anknüpfen und sie weiterführen wird aber nun ergänzt wird durch Forschungstätigkeiten im Bereich der künstlerischen und wissenschaftlichen Forschung. Das bezieht sich sowohl auf die Produktion als auch auf das, was experimentell aktiv zusammen mit den Studenten hervorgebracht wird. Im Hintergrund steht, auch mit künstlerischen Mitteln, Forschung zu betreiben.

Die HFF bekommt das Promotionsrecht für das Fachgebiet. Die Voraussetzung für die Universitätswerdung war ein längerer Prozess. Gemeinsam wurde mit den Hochschullehrern, Künstlern, und der neuen HFF-Präsidentin ein Entwicklungsplan erstellt, wie und in welchen Schritten die Universitätswerdung vollzogen werden soll. Das bedeutet, dass auch noch die nächsten Jahre als Prozess gesehen werden bis zur eigentlichen Zielsetzung. Die Finanzierung ist über den Hochschulvertrag abgesichert [1]. Sie wird14 Millionen Euro, pro Jahr etwas ansteigend bis 2018, betragen. Damit nimmt sie unter den Kunsthochschulen den ersten Platz ein, was die Finanzmittel anbelangt.

Warum Universität?

[caption align=left]HFF-Präsidentin Prof. Dr. Susanne Stürmer[/caption]Auch die HFF-Präsidentin Prof. Dr. Susanne Stürmer wies explizit nochmals darauf hin, dass die Entwicklung ein Prozess war und bleibt, deren Höhepunkt nun am 8. Juli die Ernennung zur Filmuniversität ist. Warum nun Universität? Die Universität zeichnet sich ihrer Meinung nach dadurch aus, dass in ihr eine stärkere Breite und Tiefe eines Themas institutionalisiert und mit einem starken Forschungsschwerpunkt versehen werden kann, um eine Verknüpfung von Forschung und Lehre zu erreichen. Die HFF  ist unter allen Filmhochschulen in Deutschland diejenige, die am breitesten Film in allen seinen Varianten und Schattierungen lehrt. Es gibt elf Bachelor- und Master-Studiengänge in diesem Bereich. Es ist die einzige Filmhochschule, die überhaupt auf Bachelor und Master umgestellt hat.

Seit 20 Jahren befindet sich unter dem Dach der Hochschule auch die Medienwissenschaft. Zwar sei die HFF schon lange eine forschende Hochschule. Dieser Forschungsaspekt wird aber im Zeichen der Filmuniversität deutlich ausgebaut werden. Durch die Digitalisierung ergeben sich tiefgreifende Veränderungen, die den Bereich des Filmemachens, und damit gemeint sind alle Formen des professionellen Bewegtbildes, extrem beeinflussen. Daraus entwickeln sich Forschungsthemen und Schwerpunkte, die untersucht und beantwortet werden sollen. Wie wirken sich zum Beispiel die neuen Techniken auf die Erzählformen aus, wie auf das Nutzungsverhalten, wie auf filmische Inhalte und vieles andere mehr. Zum Beispiel auch, wie sich Geschäftsmodelle für den Film weiterentwickeln.

Künstlerische Forschung

Die künstlerische Forschung ist sicherlich ein besonders weites Feld, in dem es zu forschen gilt. Auch das digitale Forschen und Lernen ist noch ziemlich „unterbelichtet“. Die Filmuniversität soll deshalb nicht nur für das schmale Segment des Kinofilms und des Fernsehfilms ausbilden. Man muss das Feld sehr viel breiter machen. Damit wird auch gleichzeitig die Attraktivität dieser Filmuniversität für die kommenden Studierenden erhöht. Was man genau vorhat, ist in dem Strukturplan der den Zeitrahmen 2014 bis 2018 abbildet, ausführlich dargelegt [2]. Ganz gezielt bearbeitet werden fünf Forschungs-Schwerpunkte. Es geht um die

  • Erforschung der künstlerischen Prozesse im Film (Erzählinhalte,-mittel und -gestaltung),
  • Forschung mit den Mitteln der Kunst (künstlerische Forschung),
  • Filmgeschichte, Archivierung, -Kuratierung, -Verbreitung und -Vermittlung,
  • technische Entwicklung und ihre inhaltliche Umsetzung im Film und
  • Filmrezeption und -aneignung.
 
Im Strukturplan finden sich auch besondere Aspekte für die Lehre. Die Bachelor- und Masterstrukturen sollen permanent überarbeitet werden. Die stark forschungsorientierten Master-Angebote werden erweitert.

Vom Heute zum Morgen

Durch die Universitätswerdung wird sicherlich eine starke Attraktivitätserhöhung erreicht, was auch als Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Filmhochschulen gesehen werden kann. Es wird – so Frau Prof. Stürmer – allerhöchste Zeit, sich im Filmischen mit Neuland zu beschäftigen. Es gibt sehr viele und große Veränderungen der Medienlandschaft, die man innerhalb der Medienbranche gar nicht adäquat behandeln kann. Denn die Film- und Fernsehindustrie in Deutschland und auch international ist eine relativ kleinteilige Branche, hinter der kein großes Forschungs- und Entwicklungspotential steht. Das muss also anderswo betrieben werden und es gibt auch diese Fragestellungen: zum Beispiel Veränderung der Geldströme, neue Finanzierungsmittel, die Internationalisierung, die Rechteverteilung, internationale Wettbewerbsregeln. Es ergibt sich daraus auch eine größere Bandbreite des Studienangebots, denn der ganz klassische Bereich der Film- und Fernsehfilmerstellung wird nicht größer. Durch die verschiedenen Bereiche, die jetzt aber in der Universität neu aufgenommen und wissenschaftlich bearbeitet werden, ergibt sich natürlich auch eine größere Spannbreite und es bieten sich damit bessere Möglichkeiten für die Studierenden, einen adäquaten Arbeitsplatz nach dem Studienabschluss zu finden.

Zurzeit gibt es etwa 500 Studierende an der HFF. Jedes Jahr werden etwa 100 bis 150 neue Studierende aufgenommen. Durch die starke persönliche künstlerische Betreuung lässt sich die Anzahl der Studierenden auch nicht wesentlich erhöhen. Der Drittmittelanteil bei der Finanzierung schwankt relativ stark von Jahr zu Jahr. Von den vorhin erwähnten 14 Millionen sind etwa ein bis 2 Millionen Euro Drittmittel. Das ist eigentlich ein ganz guter Schnitt, den man aber längerfristig durch die Verbreiterung des Forschungsangebots noch zu erhöhen hofft.

Bisher werden statistisch gesehen pro Studierenden 21.600 Euro ausgegeben, der Bundesdurchschnitt bei den Kunsthochschulen liegt bei 14.600 Euro. Ein Grund dafür ist die nötige teurere technische Ausstattung von Film- und Fernseh-Equipment und Studiotechnik gegenüber Musik- und anderen Kunsthochschulen.


Dokumentenlinks

[1] Hochschulvertrag zwischen dem MWFK und der HFF:  http://www.mwfk.brandenburg.de/media_fast/4055/ZV_HFF.pdf

[2] Struktur- und Entwicklungsplan für den Zeitraum 2014-2018, 15seitiger Scan

Text und Fotos: © Norbert Bolewski