Forschungsprojekt Media over IP

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SMPTE ST 2110 wirft in der Praxis noch einige ungeklärte Fragen auf. Ein Forschungsprojekt der HdM will Licht ins Dunkel bringen. Wir haben mit Philipp Nöcker-Prior und Paul Meinken vom Projektteam über die Details gesprochen.

 

Warum ST 2110 - wie kam es überhaupt zur Idee für Euer Projekt?

Wir wollten uns für unser Masterprojekt mit einem aktuellen Thema beschäftigen. Dafür haben wir verschiedene Themen diskutiert und festgestellt, dass uns der technische Anteil und die Aktualität des Themas besonders wichtig sind. Also haben wir uns für Media over IP entschieden, konkret für SMPTE ST 2110. Uns ist aufgefallen, dass es zu dieser Thematik noch viele Unklarheiten gibt. Gerade für Studierende, die sich in die Technologie einarbeiten möchten, existieren wenige Dokumentationen. Hier möchten wir mit unserem Forschungsprojekt “HdMedia over IP” Möglichkeiten eröffnen, sich auch als Einsteiger*in leichter eingehend mit der Thematik beschäftigen zu können.

Auf der Visual Media Lab Conference an der Hochschule der Medien Anfang März haben wir Michael Bauer, Dominique Hoffmann, Hans Hoffmann und Dirk Ellis kennengelernt. Hier haben wir unser Vorhaben erstmals präsentiert und die Möglichkeit gehabt, uns zu Ideen und Kontakten in der Branche auszutauschen. Parallel konnten wir als projektbegleitende Lehrbeauftragte Franz Baumann, Herbert Guist und Markus Berg gewinnen.
 


Stimmen zum Projekt

Wer sich bereits mit SMPTEST2110 beschäftigt hat, weiß um die Komplexität des Themenfeldes. Praxiserfahrungen sind heiß begehrt - hier werden sie gemacht. Mit viel Neu- und Wissbegier, guter Planung und auch der Courage to Fail im Hinterkopf stellt sich das Team HdMedia over IP in ihrem Masterprojekt auf und bringt für sich und für uns alle mehr Licht in die noch immer recht neue Welt von ST2110.

Es war mir eine große Freude, soviel talentierte und engagierte Nachwuchskräfte rund um Philipp Nöcker-Prior, Manuel Josia Hildebrand, Daniel Kuner und Jonas Schmitte kennenzulernen!

Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg und bin gespannt auf eure Ausführungen im Rahmen der FKTG e.V. Regionalveranstaltung sowie auf den FKT-Artikel.

- Sonja Langhans, 2. Vorsitzende der FKTG


 

Wie alles Begann


Wie habt Ihr Euch dem Thema genähert, nach welchen Kriterien habt Ihr die Partnerfirmen angesprochen/ausgesucht?

Es war zuerst gar nicht so einfach herauszufinden, wer überhaupt in Frage kommt. Wir bewegen uns ja hier in einer Nische des an sich bereits überschaubaren Broadcast-Marktes. Es gibt also ohnehin nicht so viele Firmen, die entsprechendes Equipment und Know-how anbieten.

Durch die Gespräche mit Dominique und Michael sowie Hans Hoffmann haben wir bereits zu einem frühen Zeitpunkt Möglichkeiten aufgezeigt bekommen, wo man ansetzen kann.

Über private Kontakte haben wir uns zunächst an Arista und Arkona gewandt. Danach kamen der SWR, NEP, Riedel, AJA und Telestream hinzu, später noch Sony, Nevion, LOGIC media solutions und die LANG AG. Dann kam eines zum anderen: Es schien, als kenne jeder jeden und es wurden immer weiter Ideen eingebracht, wer unbedingt noch mitmachen müsse. Darunter SHM, Broadcast Solutions, der WDR, Qvest, Panasonic und viele weitere. Plötzlich haben sich dann Firmen selbst bei uns gemeldet. Insgesamt haben wir für unsere Akquise acht Wochen aufgewendet. Über 40 Unterstützer*innen, darunter viele namhafte Unternehmen, sind inzwischen am Projekt beteiligt.

Der erste Teil eures Projekts ist ja abgeschlossen. Wie weit seid Ihr inzwischen?

Wir haben uns erst einmal fit machen lassen in Sachen Netzwerktechnik. Prof. Dr. Roland Kiefer, der Studiendekan des Fachbereichs Medieninformatik an der HdM ist, hat uns hierzu einen Crash-Kurs gegeben, denn SMPTE ST 2110 ist nicht Plug & Play. Wir mussten zunächst die Grundlagen verstehen, um dann in den Praxisaufbau zu starten.

Mit dem Testaufbau haben wir zusammen mit unseren Unterstützer*innen eine Infrastruktur geschaffen, die spielbereit ist und uns das ausführliche Dokumentieren und Testen erlaubt. Durch manuelles Konfigurieren des Netzwerks und das händische Setzen von Multicast-Routen, konnten wir das Prinzip der Orchestrierung besser verstehen. Eine zentrale Aufgabe, die im weiteren Verlauf von unserem Orchestrator Nevion VideoIPath übernommen wurde.

Jetzt können wir auch die Vor- und Nachteile gegenüber dem Baseband-System beurteilen. Das ist besonders interessant, wenn es um das Thema Plug & Play und Bandbreite geht, denn das ist ja mit dem „grünen Kabel“ weniger problematisch.

Gemeinsamer Austausch


Wir werden genau analysieren, was entlang der gesamten Produktionskette passiert. Wie sich beispielsweise der Datenfluss im Netzwerk und im Switch verhält, ob das Routing wie gewollt funktioniert oder wie PTP auf die gesamte Pipeline Einfluss nimmt – und natürlich, wie alles im Endgerät ankommt.

Insgesamt haben wir für die Vorbereitung des Testaufbaus inklusive Schulung rund zwei Wochen gebraucht. Parallel dazu haben wir schon eine Grundlagen-Sammlung ausgearbeitet, um etwas Material für die spätere Verschriftlichung der Arbeit zu haben.

Wie geht es jetzt weiter?

Wir wollen so viele Daten generieren wie möglich und diese später öffentlich zur Verfügung stellen. Bis jetzt gibt es zwar viele Berichte über einzelne Lösungen, Interoperabilität und Performance, aber noch keine ausführliche Dokumentation einer spezifischen Produktionskette. Diese soll das Thema für “Neulinge” in diesem Bereich greifbarer machen.

Unser Ziel ist es, alles zu dokumentieren, was wir im Aufbau gemacht haben. Ab Mitte Juni geht es dann ans Ausformulieren. Aufgrund des Umfangs wird das Ergebnis allerdings noch auf sich warten lassen. Die Veröffentlichung der Daten erfolgt über die Projektseite www.mediaoverip.de. Später soll daraus auch noch ein Paper werden - und natürlich ein Artikel in der FKT.

Und dann gibt es ja noch ein zweites Projekt, zum Thema HDR…

Ja, wir arbeiten noch an einem zweiten Forschungsprojekt “Sunset Balcony”. Dabei geht es um eine HD/HDR-Produktion mit 20 Kameras, HDR-LED-Wand und vielen weiteren spannenden Aspekten, wie die Live-Distribution von binaural Audio. Dieses Projekt haben wir auch in gewisser Weise als unseren ersten realen Use-Case für ST 2110 nutzen können. Über Netzwerk haben wir hier in einer Insel-Lösung die Videomischung und Teile des Processings umgesetzt. Auch hierzu gibt es später hoffentlich mehr Einblicke und Ergebnisse im Rahmen einer Veröffentlichung.

Wie wichtig sind Netzwerke wie die FKTG für die Realisierung solcher Projekte?

Gerade bei dem ST 2110-Projekt war es sehr wichtig, Kontakte zu knüpfen, da das Projekt komplett studentisch getragen wurde und wir keine Lehrkraft hatten, die uns eine Richtung vorgegeben hat. Als Mitglied der FKTG gibt es verschiedene Möglichkeiten an Informationen zu gelangen. Die Datenbank der FKTG war uns dabei sicher eine Hilfe.

Wenn man FKTG-Mitglied wird, ist es wichtig, erst einmal innerhalb des Netzwerks Kontakt zu knüpfen, um eine persönliche Ebene herzustellen und die FKTG nicht nur als Institution zu sehen. Wir denken, dass uns das im Rahmen der letzten Projekte erfolgreich gelungen ist.

-AB
Bilder: Media over IP
Schmuckbild: Pixabay