Archivbestände deutscher Film

In einem Antrag der Partei die Linke fordert die Linksfraktion die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur entsprechenden Änderung des Bundesarchivgesetzes vorzulegen. In dem Zusammenhang werden in dem Antrag auch Zahlen über den Archivbestand und die Kosten für die Archivierung genannt.

Bestände

Zwar liegen keine genauen Zahlen über die Archivbestände insgesamt vor. Nach einer Befragung von entsprechenden Institutionen ergibt sich das im Antrag aufgelistete folgende Bild:

  • Bundesarchiv–Filmarchiv 148 000 Filmkopien
  • Deutsche Kinemathek (SDK) 13 000 Filmkopien
  • Deutsches Filminstitut (DIF) 14 000 Filmkopien
  • Murnau-Stiftung 6 000 Filmkopien
  • DEFA-Stiftung 9 000 *Videokassetten
  • IWF Wissen und Medien gGmbH 30000**Filmkopien 9 600 Videokopien**
  • Chronos-Media GmbH 10 000 Filmrollen
  • Deutsches Filmmuseum, Frankfurt am Main 7 000 Filmkopien
  • Filmmuseum Düsseldorf 5 000 Filmkopien
  • Filmmuseum München 5 000 Filmkopien
  • Filmmuseum Potsdam 2000***Filmkopien
  • Haus des Dokumentarfilms, Stuttgart 11 000 Filmkopien
  • Deutsches Rundfunkarchiv (DRA) 100 000 Videokopien, 251 000 Filmkopien 118 600 Videokopien.

In der Liste bedeuten:

* Nur Bestände aus dem Archiv bei der DEFA-Stiftung. Dazu zählen das Zeitzeugen-Archiv Thomas Grimm bei der DEFA-Stiftung, das Cintec-Archiv, der Filmbestand des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR, zudem im Auftrag der Stiftung produzierte Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern der DEFA. Nicht mitgezählt sind 12 000 Titel des DEFA-Filmstocks im Eigentum des Bundesarchivs.

** Jeweils ohne Vertriebskopien

*** Inklusive Videokopien


In die Liste nicht aufgenommen wurden Bestandszahlen aus Landesarchiven und Bildstellen. Beispielsweise besitzt das Bayerische Hauptstaatsarchiv Archivalien in Filmform mit 150 000 Einheiten, das Landesarchiv Berlin Bestände im Umfang von 3 300 000 Filmmetern (627 laufende Meter), das LWL-Medienzentrum für Westfalen 3 000 Filme und Filmteile, das Sächsische Staatsarchiv 9 558 Lauffilme und das Landesarchiv Schleswig-Holstein 350 Filme. Die Angaben zum Umfang der Bestände sagen allerdings nicht unmittelbar etwas aus über den Erhaltungszustand des Materials, den Umfang von Material zu gleichen Titeln, das Vorhandensein von Material zum gleichen Titel in mehreren Archiven sowie den bereits auf Film langfristig gesicherten Anteil an Altbeständen. Sie können deshalb nicht zur Grundlage von Hochrechnungen für die Kosten der Langzeitarchivierung insgesamt benutzt werden. Auch sind entsprechende Restaurierungs- und Umkopierkosten abhängig vom Material (Nitrocellulose, Triacetat, Polyester) und Format (vorwiegend 35 mm und 16 mm), wobei die Bearbeitung von seltenen Formaten (70 mm, 9,5 mm u. a.) in den meisten Fällen in Deutschland nicht mehr möglich ist. Die Kostenbreite pro Film reicht daher von 2 500 Euro zur archivarischen Sicherung einer kurzen 35-mm-Schwarz-weiß-Produktion über 25 000 bis 40 000 Euro für abendfüllende Farbproduktionen bis hin zu aufwendigen fotochemischen und digitalen Restaurierungsarbeiten mit Ausbelichtung eines Bildnegativs im sechsstelligen Bereich (z. B. Metropolis, 1927, ca. 120 Minuten, 166 000 Euro; Die Nibelungen, 1924, ca. 300 Minuten, 365 000 Euro).


Finanzbedarf

Dass zur Bewahrung des deutschen Filmerbes ein anzunehmender Finanzbedarf von 90 Millionen Euro und mehr realistisch ist, zeigen jedoch Aussagen von entsprechenden Institutionen. Das Bundesarchiv– Filmarchiv beispielsweise veranschlagt die Kosten für die Restaurierung und Umkopierung von allein 68 000 Cellulosenitratfilmen in seinem Bestand auf über 50 Millionen Euro.  Die Chronos-Media GmbH benennt für die Umkopierung ihres Filmbestands im Umfang von 10 000 Filmrollen Kosten in Höhe von mehr als 5 Millionen Euro, die sich durch Berücksichtigung von Skaleneffekten durch Umkopierung in großer Zahl auf ca. die Hälfte reduzieren ließen. Die Stiftung Deutsche Kinemathek geht davon aus, jährlich mindestens etwa 3 Millionen Euro für die Digitalisierung aufwenden zu müssen (Stand: Ende 2011). Das Bundesarchiv-Filmarchiv kalkuliert ferner die zusätzlichen Kosten (Sachkosten für die Archivierung inkl. Lagerung, Kosten für die Einrichtung einer Registrierungsdatenbank und Personalkosten) für eine umfängliche Pflichtarchivierung mit ca. 1 Million Euro. Für eine im Anschluss erfolgende flächendeckende Nutzbarmachung des deutschen Filmerbes mit öffentlichen Mitteln werden weitere 16 Millionen Euro veranschlagt. Auf der Einnahmeseite erbringt die Finanzierung zur Bewahrung des deutschen Filmerbes im Fünfjahreszeitraum des FFG 90 Millionen Euro: 30 Millionen Euro durch einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt von jährlich 6 Millionen Euro; 30 Millionen Euro durch eine Abgabe der Film- und filmtreibenden Werbewirtschaft in Höhe von jährlich 6 Millionen Euro; 30 Millionen Euro durch eine zweckgebundene Abgabe für jede Kinokarte in Höhe von 5 Cent jährlich bei anzunehmenden Einnahmen von 6 Millionen Euro (berechnet nach Angaben der Filmförderungsanstalt und auf Basis von 129,6 Millionen Kinobesucherinnen und Kinobesucher im Jahre 2011. Für neuproduzierte Filme mit Produktionskosten von mehr als 1 Million Euro entstünden den Filmproduzenten Kosten in Höhe von 50 000 Euro für die Pflichtabgabe in Form eines Separation Masters. Dieses Format entspricht den Empfehlungen des Wissenschafts- und Technologierats der Academy of Motion Pictures Arts and Sciences (AMPAS) in Los Angeles. Für neuproduzierte Filme mit Produktionskosten zwischen 100 000 Euro bis 1 Million Euro entstünden lediglich Kosten für eine Positivkopie in Höhe von 4 000 bis 6 000 Euro. Für die Abgabe der ohnehin zu produzierenden Negativkopie fünf Jahre nach Auswertungsbeginn würden keine weiteren Kosten anfallen. (Diese Angaben beziehen sich auf Filme in Spielfilmlänge.)

(Der Text bezieht sich auf eine elektronische Vorabfassung aus dem Deutschen Bundestag)

bol

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bol