Nachbericht Visual Media Lab Conference 2023

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Vom 8. bis 11. März lud die HdM Stuttgart zur Visual Media Lab Conference (VMLC) ein. Wir haben mit Gastgeber Prof. Dr. Jan Fröhlich über die Hintergründe des Events und seine persönlichen Programm-Highlights gesprochen.


Wie kam es zur Idee für die Konferenz?

Eigentlich knüpfte die Visual Media Lab Conference nahtlos an die International Cinematography Days und das VeGa Camp an, die wir beide pandemiebedingt das letzte Mal 2018 durchführen konnten. Wir hatten in der Vergangenheit alle zwei Jahre eine Veranstaltung, allerdings immer unter wechselnden Namen. Das soll jetzt anders werden. 2025 wird es dann voraussichtlich die nächste Visual Media Lab Conference geben.

Kannst Du uns ein bisschen mehr zum Event-Rahmen erzählen? Wieviele Teilnehmende waren vor Ort? Wonach habt Ihr die Schwerpunkte ausgewählt?

Es waren gleichzeitig jeweils zwischen 100 und 120 Teilnehmende bei den Vorträgen. Insgesamt hatten wir für alle drei Tage rund 300 Anmeldungen.

Für das Programm haben wir jeden Tag einen anderen Schwerpunkt gewählt: am Mittwoch war das Fernsehen, am Donnerstag Visual Effects und am Freitag Cinematography, wobei ein übergreifendes Kernthema aller drei Tage die Lichtqualität war.

Fernsehen ist neu dazugekommen, denn inzwischen verschmelzen die Themen an der Schnittstelle von Gestaltung und Technik immer mehr, eine Trennung macht keinen Sinn. 

In diesem Zusammenhang erleben wir aktuell zudem einen ganz spannenden Prozess, denn die Gestaltung akademisiert sich gerade. War früher die Ausbildung Standard, haben die meisten in diesem Bereich heute einen Hochschulabschluss. Inzwischen ist es ja auch möglich zu promovieren. Ein Thema, das wir auch ganz aktiv begleiten. 

Dazu gehört aber auch, erst einmal Basisarbeit zu leisten, etwa indem festgelegt wird, wie wissenschaftliche Arbeiten in der Gestaltungsforschung überhaupt aussehen sollten.

Was waren Deine persönlichen Highlights der drei Tage?

Also tatsächlich das Zusammenkommen von Forschung und Praxis.Auf der einen Seite wurde sehr komplex über die verschiedenen Themen gesprochen, aber dann auch wieder ganz praktisch gezeigt, wie damit jetzt umgegangen werden kann.

Zum Beispiel am Virtual Production-Tag: Da hat Elfie Kerscher von Plaza Media bei ihrem Vortrag zur Live-Produktion der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2022 für Deutsche Telekom & Magenta TV auch mal ganz gerade heraus gesagt, es dauere dann halt bis zu einer Sekunde wenn sie am Mischer drückt, bis alle Kameras von der Wand das richtige Bild bekommen und tatsächlich geschnitten wird. Solche mutigen Praxisbeispiele, deren Erfolg für sich spricht, machen für mich die Konferenz aus.

Unverkennbare Looks auch im Live-Broadcast


Oder am ersten Tag, wo Sean Cooper und Ingmar Rieger von ARRI zunächst theoretisch berichtet haben, wie HDR in Kino und Fernsehen funktioniert und welche technischen Anforderungen jeweils dahinterstecken, nur um dann im nächsten Augenblick ihre praktische Arbeit vorstellen, bei der durch Bearbeitung von Farb- oder Lichteinstellungen sehr verschiedene Looks erreicht werden können.

Um Looks ging es auch bei Pablo Garcia Soriano von Cromorama, der über seine Arbeit für die Live-Übertragung der Fußball-WM in Katar berichtet hat. Denn nachdem es spezifische Looks zunächst nur im Kino, dann im Fernsehen gab, haben sie jetzt den Live-Broadcast erreicht. Es wird nicht nur einfach das Licht aus den Stadien übertragen, sondern richtig gegradet. 

Die spanische La Liga ist hier schon ganz vorne dabei und hat sich einen unverkennbaren Look gegeben. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Etwa könnten emotionale Momente wie Torjubel im Kinolook inszeniert werden. Computerspiele nutzen diesen Kinolook übrigens auch schon.

Dann war ich natürlich begeistert vom Blick hinter die Kulissen der Virtual Production-Umsetzung der Netflix-Serie 1899. Das zeigt, welches enorme Potenzial in Virtual Production steckt.

Und zu guter Letzt fand ich persönlich ganz besonders schön, dass so viele Gäste, die aus einem speziellen Bereich wie TV oder Kino kamen, trotzdem alle drei Tage geblieben sind und sich die Vorträge angehört haben. Das zeigt nochmal ganz deutlich, wie sehr sich die Themen inzwischen überschneiden.

Du hast ja persönlich mit Lasse Bickelmann einen einleitenden Vortrag zum Thema HDR gegeben. Wo liegen aktuell die größten Herausforderungen in diesem Bereich?

Die größte Herausforderung ist tatsächlich die Standardvielfalt. Diese Standards wurden aus meiner Sicht zu früh festgelegt. Es wäre im Nachhinein besser gewesen, erst Erfahrungen zu sammeln. 

Ich war ja ab 2012 an der Standardisierung beteiligt. Aber das, was wir uns damals ausgedacht haben, stimmt so nicht für alle Einsatzszenarien. Ein großes Manko: Wir haben viele Standards nicht mit Live-Fernsehen im Hinterkopf entwickelt, sondern mit Blick auf szenische Produktionen.

Im Show-Bereich wird sehr stark auf Scheinwerfer gesetzt, diese sollten richtig zu spüren sein. Viele HDR Pipelines setzen einen mehr szenischen Roll-off mit ganz sanften Highlights voraus. Wenn ich also jetzt HDR-Bilder gestalten möchte, stehe ich vor der ganz praktischen Frage:  Was macht man mittels Lichtdesign, welche Einstellungen in der Kamera. Ich fand zum Beispiel beim Vortrag von Frank Heineberg sehr bemerkenswert, dass RTL einen kompletten Tag mit voller Crew für solche Tests investiert, um die maximale Bildqualität für HDR herauszuholen.

Weiterhin erschwerend kommt hinzu, dass die unterschiedlichen Berufsgruppen für Licht und Kamera kein gemeinsames Vokabular haben. Sie bezeichnen gleiche Dinge mit unterschiedlichen Begriffen. Daher war der Vortrag des IMAGO Technical Committee (ITC) zu „Photons Path“ sehr wichtig. Dort wird genau beschrieben, was es mit Begriffen wie „Diffuses Weiß“ überhaupt auf sich hat.
 

Die FKTG auf der VMLC: Stimmen aus dem Vorstand


VMLC2023

Statement von Dominique Hoffmann

„Mein Vortrag hat die Herausforderungen und Chancen beim Einsatz und der Integration neuer Technologien herausgestellt, und zwar einerseits mit Blick auf die technologischen Aspekte, andererseits insbesondere mit Blick auf die Wichtigkeit der Talententwicklung, Change Management und der Etablierung interdisziplinärer Teams. Hierbei spielt der Wissenstransfer, Austausch von Know-how und das Networking eine entscheidende Rolle. Und zwar übergreifend zwischen Herstellern, Universitäten, Hochschulen, Broadcastern usw. 

Eine perfekte Plattform hierzu bieten uns die Fachverbände/Vereine wie z. B. die FKTG und/oder die SMPTE. Insbesondere für die Studierenden ist das auch ein perfekter Einstieg in die Branche und die Möglichkeit, schnell Kontakt zu knüpfen, neue Ideen einzubringen und Erfahrungen auszutauschen.

Ich habe durchweg sehr positive Eindrücke von der Veranstaltung mit nach Hause genommen. Es war sehr professionell organisiert, hatte einen „familiären“ Rahmen, wodurch man schnell in den gemeinsamen Dialog kam. Es war ein guter Mix aus Herstellern, Broadcastern, FKTG, SMPTE und insbesondere den Studierenden. Beim Get Together sind direkt einige Ideen gemeinsam besprochen worden, z. B. für PoCs, Bachelor- oder Masterarbeiten. Ein rundum sehr gelungenes Event mit tollen Vorträgen und viele guten Gesprächen.“

Statement von Michael Bauer

„Wir haben die Visual Media Lab Conference vor allem dazu genutzt, um uns vor Ort mit den Studierenden auszustauschen. So haben wir zum Beispiel eine Gruppe getroffen, die eine Masterarbeit für 2110 inkl. technischem Aufbau angehen möchte. Wir versuchen, das zu fördern und die passenden Hersteller oder Betriebe dafür zu begeistern, dieses Projekt zu unterstützen. Des Weiteren gab es eine Anfrage für eine Masterarbeit bei uns für Grafik und HDR. 

Bemerkenswert fand ich, dass Jan Fröhlich die Geschichte erzählt hat, warum das SMPTE Chapter unter anderem entstand. Er hatte einen Fachartikel in der FKT geschrieben, der dann bis in die USA gekommen sei, sodass er von einem recht berühmten Forscher angesprochen wurde, mehr daraus zu machen. 

Ansonsten waren wir nur Zuhörer und begeistert über die Vorträge der Studierenden.“

-AB
Bildnachweis: Falls nicht anderweitig erwähnt, alle Bilder © Samuel Tschaffon