Mehr als nur Filme: Das kann Kino heute

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Marcel Kober und Markus Falter von der CINE PROJECT Kinodesign & AV-Technik GmbH im Interview über aktuelle Trends im Kino und darüber, warum die Digitalisierung im Kino den Kundenservice verbessert hat. 


Nachdem 2022 wieder ein Stück weit die Normalität Einzug gehalten hat, zeigte sich die Kinobranche in den ersten Branchenveranstaltungen in Präsenz ja sehr optimistisch. Stand heute: Ist die anfängliche Euphorie abgeflacht oder hat sich die positive Stimmung gehalten?

Marcel Kober:
Die positive Stimmung ist definitiv immer noch da! Das liegt vor allem an Filmen wie Avatar 2, der sehr gut angelaufen ist, auch hierzulande. In Deutschland liegen wir ja, was die Anzahl der Kinobesuche pro Jahr angeht, im internationalen Vergleich eher zurück mit durchschnittlich etwa einem Kinobesuchen pro Einwohner im Jahr, während in Frankreich die Menschen circa vier bis fünf Mal pro Jahr ins Kino gehen.

Der Erfolg von Avatar 2 ist auch deshalb sehr positiv zu bewerten, weil es zuvor schon einige Stimmen gab, die anzweifelten, ob es 3D-Filme heute überhaupt noch braucht. Aber wir sehen, mit dem richtigen Film ist auch 3D wieder gefragt. 

Es geht also nach den doch bedrückenden Corona-Jahren wieder bergauf in der Kinobranche. Das ist auch der sehr guten Unterstützung durch die Förderprogramme der FFA und anderen während der Pandemie zu verdanken, die viele unserer Kunden wahrgenommen haben.

Markus Falter:
Ich denke, es war sehr wichtig, dass sich die Kinobetreiber nicht alleine gelassen gefühlt haben, auch wenn die Zeit der Pandemie mit den Lockdowns natürlich problematisch war. So hat sie es eher darin bestärkt, motiviert weiterzumachen. Denn so oft schon wurde in der Vergangenheit das Kino totgesagt, und es ist doch nicht kleinzukriegen - selbst durch eine weltweite Pandemie nicht.

Kino ist heute viel mehr als nur einen Film zu schauen. Es geht darum, einen schönen Abend zu verbringen. Kino wird zum Gesamterlebnis und immer öfter in eine Erlebniswelt mit Cocktailbars, Restaurants und vielem mehr integriert. Wir sehen das in vielen unserer Projekte.

Marcel Kober:
Wir haben zum Beispiel im letzten Jahr ein Neubauprojekt für die Schweizer Kinogruppe blue Cinema in Chur umgesetzt [AdR: siehe Bildkollage oben]. Ein sehr ambitionierter Bau mit einem Investitionswert von circa 40 Millionen Franken. Das Kino ist nicht nur ansprechend gestaltet und verfügt über modernste technische Ausstattung mit Laserprojektion, Dolby Amos, 4DX und VIP-Sälen, sondern hat auch eine eigene Gamezone, eine Sportsbar und verschiedene Lounges, in denen es sich die Gäste gemütlich machen können. Wir waren persönlich zur Eröffnung da und sehr begeistert vom tollen Ambiente. Das Konzept geht auf jeden Fall auf, das Kino läuft sehr gut und der Kunde ist zufrieden.

Marcel Kober
Marcel Kober

Welche Technologie-Trends bewegen die Branche aktuell aus Ihrer Sicht?

Marcel Kober:
Die aktuellen Bemühungen um Energieeffizienz haben den Trend hin zur Laserprojektion nochmals befeuert. Bis auf ganz wenige Ausnahmen werden fast nur noch Laserprojektoren nachgefragt. Die Energieeinsparungen liegen hier bei rund 60-70 Prozent gegenüber der lampenbasierten Projektion.

Markus Falter:
Überhaupt ist das Thema Energieeinsparung im Kino angekommen. Das betrifft zum Beispiel neben der Projektion oder dem richtigen Heizen großer Säle ebenso die LED-Saalbeleuchtung oder Audiolösungen. Gerade die neuen Audiolösungen benötigen viel weniger Strom als Vorgängermodelle.

Im Sinne des zuvor erwähnten ganzheitlichen Kinoerlebnisses spielt natürlich die Bestuhlung eine zentrale Rolle. In einem 20 bis 30 Jahre alten Kinosessel ist der Filmgenuss wahrscheinlich nicht so ungetrübt wie in einem modernen Recliner, der mir sogar noch die Möglichkeit bietet, nebenbei mein Handy aufzuladen.

Oma Cinema
OMA Cinema-Saal


Und dann sind sie ja noch exklusiver Vertriebspartner der OMA Cinema-Lösung in Deutschland.

Marcel Kober:
Ja genau. Hier braucht es etwas Mut und ein Auge für das Besondere, das ist nichts für die breite Masse. Aber wir sind sicher, wenn ein erstes Leuchtturmprojekt erst einmal da ist, dann wird es über die Branche hinaus strahlen und Nachahmer anziehen. Solche mutigen Leute hat das Kino immer wieder hervorgebracht, und da wir aktuell bereits in Gesprächen mit zwei Unternehmen sind, könnte es bald wieder soweit sein.

Markus Falter:
Natürlich kostet ein OMA Cinema mehr als ein normales Kino. Dafür bekommt der Kinobetreiber einen Saal mit „Wow-Effekt“, der wahrscheinlich nicht nur regelmäßige Kinogänger, sondern ganz neue Gäste anzieht, die eine neue Form von Kinoerlebnis möchten. Und dann kann es betriebswirtschaftlich noch einmal ganz interessant werden und der Kinobetreiber zu dem Schluss kommen, dass die Investition sich für ihn mehr als gelohnt hat.

Marcel Kober:
OMA Cinemas wurde erst 2021 auf den Markt gebracht. Wie immer, wenn etwas Neues vorgestellt wird, dauert es etwas, bis die ersten sich trauen. Wir glauben, dass es im Raum DACH durchaus Potential für circa zwölf bis 20 OMA Cinemas gibt, wenn das erste Projekt einmal fertiggestellt ist.


Wo liegen aktuell die größten Herausforderungen für die Branche?

Marcel Kober:
Immer noch sind die Lieferketten ein Problem. Im Moment ist es zwar deutlich besser geworden als noch vor einem Jahr, aber so ganz ist die Normalität noch nicht eingekehrt und die Lieferzeiten sind teils nicht kalkulierbar. 

Markus Falter
Markus Falter

Sie haben ja kürzlich die IHK-Ehrenurkunde für Ihr 25-jähriges Firmenjubiläum erhalten. Wenn Sie Ihre Erfahrungen Revue passieren lassen, wie hat sich der Bereich Kinointegration/Service seither entwickelt?

Markus Falter:
Mit der digitalen Technik heute funktioniert der Service wesentlich besser. Wir können dem Kunden jetzt viel schneller und zielgerichteter helfen. Die Fernwartung ist sehr präzise und in vielen Fällen muss heute auch gar kein Techniker mehr rausfahren, sondern wir können von unserem Kino NOC aus der Ferne alles Nötige veranlassen. Dadurch wird der gesamte Service viel effizienter und für den Kunden damit auch kostengünstiger.

Wir haben aber auch die IT nie als Hürde gesehen, sondern als Chance, etwas zum Positiven zu verändern. 

Cine Project Logo


Marcel Kober:
Insgesamt haben unsere Kunden mit Wartungsverträgen viel weniger Ausfallzeiten. Wir hatten auch in den ganzen Jahren noch gar keinen „Black Screen“ bzw. Vorstellungsausfall. Wir dokumentieren allerdings auch alle Fehleranalysen sehr genau. 

Und sollte doch einmal ein Techniker vor Ort erforderlich sein, dann haben wir vier Standorte in Deutschland, und können so kurze Anfahrtszeiten garantieren.


Was würden Sie sich für die künftige Branchenentwicklung wünschen?

Markus Falter:
Zunächst einmal das spannende, neue Filme produziert werden, die dazu motivieren, ins Kino zu gehen. Und dann muss natürlich auch auf allen Kanälen Werbung für das Kino gemacht werden, damit man auch Menschen erreicht, die nicht (mehr) ins Kino gehen. Zum Beispiel ist das Kinoprogramm vielfach noch gar nicht in der Neuzeit angekommen. Wer nicht weiß, was er im Kino verpasst, wird vermutlich auch nicht hingehen.

Marcel Kober:
Es gab ja vom HDF schon mal einen guten Ansatz einer Kampagne namens „Kinofest“ mit 5 Euro pro Ticket, das ist sehr gut angekommen. Allgemein ist es sehr schwierig, alle Generationen zu erreichen, denn meine Generation oder noch jüngere gehen deutlich weniger ins Kino. Diese jungen Leute muss man gezielt ansprechen. Nicht nur damit, dass sie im Kino einen neuen Film schauen können, sondern, dass sie auch dort Zeit mit ihren Freunden verbringen oder Partys feiern können.

Markus Falter:
Es gibt Ideen wie ansprechend designte, anmietbare Kinoerlebnisräume, in denen man eben auch Online-Inhalte gucken oder mit der Konsole zocken kann, wenn man keinen Film sehen möchte, oder eben als Vor- oder Nachprogramm. So kann sich das Kino auf die neuen Sehgewohnheiten einstellen und sich auch abseits der Filmfans neue Zielgruppen erschließen.

Diese Konzepte sind ein optionaler Zusatz zum bekannten, ganz großen Kino. Vor dem Kino zusammen einen Burger oder eine Bowl essen, dann den Kinofilm im großen Saal genießen, danach einen Cocktail trinken, Tanzen gehen oder eben einen Private-Room mieten und dort zusammen Zeit verbringen, Geburtstag feiern, eine Shisha genießen etc. – all das kann zukünftig Teil des Kinos werden, alles in einem Gebäude – alles, ohne dass man die Location wechseln muss.

-AB
Bildmaterial von Cine Project zur Verfügung gestellt

Mi., 29.03.2023 - 13:46