„Know-how vernetzen“

Rainer Schäfer

Prof. Dr. Rainer Schäfer, 1. Vorsitzender der FKTG und Professor Multimedia und Kommunikation (MUK) an der Hochschule Ansbach über Veränderungen in der Aus- und Weiterbildung im Bereich der Medientechnik, den Forschungsstandort Deutschland und die Herausforderungen der Branche heute und morgen.
 



Der Fachkräftemangel wird auch in der Medienbranche beklagt. Gleichzeitig sehen wir die Entwicklung neuer Ausbildungsberufe, zum Beispiel den Gestalter für immersive Medien. Ist das der richtige Weg? 

Die Neugestaltung der Ausbildungsberufe ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Wir befinden uns gerade bei der beruflichen Ausbildung in einem Prozess, der uns insgesamt noch länger begleiten wird, damit die verschiedenen Gewerke in der Produktion zusammenwachsen können. Für die FKTG ergibt sich daraus insgesamt eine breitere Zielgruppe, die wir adressieren können und auch sollten. 

Nicht nur die klassischen Ausbildungsberufe, auch die Hochschulausbildung der Ingenieure wird sich wandeln müssen: Hier muss medienspezifischen Aspekten der IP-basierten Übertragungstechnik und der künstlichen Intelligenz in Zukunft mehr Raum gegeben werden. Wobei die Übergänge für ein solches technisches Know-how fließend sind, so könnte es bei den Ausbildungsberufen zum Beispiel auch vermehrt in der praktischen Anwendung genutzt werden.
 

An den Hochschulen unterrichten aufgrund des Promotionsrechts nun vielfach promovierte Lehrkräfte und weniger Praktiker aus den Betrieben. Kommt die Praxis insgesamt zu kurz?

Das hängt stark von den Hochschulen ab. Die Hochschule Ansbach bildet auch in die künstlerische Richtung aus. Hier ist der Praxisbezug nach wie vor gegeben und es unterrichten auch nicht ausschließlich promovierte Lehrkräfte. Das mag bei den Ingenieursstudiengängen anders sein. 

Man lernt immer in der eigentlichen Praxis, allerdings müssen die notwendigen theoretischen Grundlagen vorhanden sein. Es liegt auch in der Persönlichkeit der Studierenden, ob und wie sie die Praxiserfahrung aufnehmen. Wobei man sagen muss, dass für die Arbeitgeber eine hohe Praxisorientierung natürlich von Vorteil ist.

Heute zieht es viele Absolventen medientechnischer Bereiche eher in andere Branchen, etwa Automotive oder auch Telekommunikation. Was muss sich ändern, damit die Medienbranche ihre klugen Köpfe von morgen nicht verliert?

Die Medientechnik hat immer noch einen gewissen „Coolness“-Faktor, aber auch einen Teil ihres ursprünglichen Glanzes und damit ihrer Anziehungskraft verloren. Mit Audio- und Videoelementen umgehen kann heute im Grunde jede/r. Daher geht das Interesse auch in andere Richtungen und Branchen.

Ich sehe das aber nicht grundsätzlich negativ, da auch wir so auf Know-how anderer, für uns interessanter Bereiche zurückgreifen können, etwa in der IP-Technik oder in der KI in Verbindung mit Bildverarbeitung und Archivsuchen oder Automationstechniken. Es ist eher ein Zusammenwachsen der verschiedenen Richtungen. Und damit natürlich auch eine stärkere Konkurrenz um die besten Köpfe.

Beim Zusammenwachsen kann die FKTG sicher wertvolle Aufgaben übernehmen.
 

Deutschland hat als Forschungsstandort allgemein, aber gerade auch im Medienbereich deutlich an Renommee eingebüsst, wir sind international in vielen Bereichen zweitrangig. Wo muss angesetzt werden, damit diese Entwicklung sich nicht weiter fortsetzt? 

Natürlich sind durch den Wegfall einiger Firmen in der Produktionstechnik auch in der Forschung einige ehemals starke Bereiche geschrumpft. Dennoch sehe ich einige Know-how-Inseln an Hochschulen und Universitäten, die in ihrem Bereich sehr stark sind, wobei sich das Forschungs-Portfolio insgesamt geändert hat. Auch die Fraunhofer-Institute als zentrale Forschungseinrichtungen wären dabei zu nennen.

Unsere Stärke kann und muss darin liegen, das Know-how in diesen Stellen richtig zu vernetzen. Internationale Kooperationen werden da umso wichtiger.


Im TV- Bereich spielt die Musik, was die Endgeräte angeht, längst in Asien, die Plattformen kommen aus den USA. Wie stellen wir sicher, dass unsere Interessen in Deutschland und Europa ausreichend vertreten werden?

Wir haben mit der EBU, der Deutschen TV-Plattform sowie DVB mehrere zentrale europäische Einrichtungen, die sich in den letzten Jahren gut behaupten konnten und immer wieder neue Weichenstellungen geliefert haben. Auch HbbTV ist international ein Erfolgsmodell.

Trotzdem müssen wir uns intensiv darum bemühen, dass wir auch weiterhin so auftreten, dass unsere Stimme international auch tatsächlich gehört wird.

 


Prof. Dr. Rainer Schäfer in der FKT 8-9/2022

In der aktuellen FKT sprach der 1. Vorsitzende der FKTG mit Martin Braun darüber, wie der Netzwerkgedanke der FKTG mit der Wissensvermittlung verknüpft werden kann. 

Das Interview ist für FKTG-Mitglieder hier abrufbar. 
 


 

Mo., 19.09.2022 - 09:38

Die SMPTE hat kürzlich ein „German Student Chapter“ mit drei Hochschulen angekündigt. Gibt es diesbezüglich Bestrebungen, die Zusammenarbeit zwischen SMPTE und FKTG zu vertiefen, gerade auch im Bereich der Hochschularbeit? 

Das sind Dinge, die wir aktuell diskutieren. Es ist ganz klar, dass sich hier mögliche Synergien ergeben. Auch bei den FKTG Fachtagungen war das Hochschulforum ja immer sehr erfolgreich. 

Es wäre wünschenswert, künftig einen engeren Austausch der Studierenden zu ermöglichen, auch zwischen den Fachtagungen. Hierfür muss man gemeinsame Ansätze suchen, vielleicht mit der SMPTE.


Wird hierfür eine weitere Internationalisierung der FKTG angestrebt, etwa mit mehr englischsprachigen Angeboten?

Für die FKTG-Plattform ist das derzeit noch nicht in größerer Form geplant. Bei unseren Veranstaltungen, ob bei Webinaren oder Präsenzveranstaltungen, wird das bereits seit langer Zeit praktiziert - hier können Vorträge jederzeit auch auf Englisch gehalten werden.

Im Moment ist die deutsche Sprache für uns allerdings ein Alleinstellungsmerkmal. Ob das für immer so bleiben wird, vermag ich jetzt noch nicht zu sagen.


Was kann man von der Broadcast-Branche mit Blick auf die Zukunft erwarten?

Ich sehe eine Fortsetzung von Themen, die wir in den letzten Jahren bereits angeschnitten haben, auch durch die Pandemie. Für mich gehören die Remote-Produktion und entsprechende Remote-Konzepte dazu, auch mit Equipment und Software, die nicht aus dem Broadcast-Bereich stammen.

Ergänzend wird das Thema Green Production in diesem Zusammenhang maßgeblicher werden. Wie erreichen wir es, dass Reisekosten für Personal und Aufwand für den Transport und dem Einsatz von Equipment zu den Übertragungsorten weiter gesenkt wird.

Das sind Themen, die wir angehen müssen.

-AB
Headerbild: Gerd Altmann, Pixabay
Portrait: Rainer Schäfer

 


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