Zoom per Mausklick auf das Bild
Interview mit dem Gewinner der Richard-Theile-Medaille, Klaus Merkel (Bild Mitte, mit Prof. Dr.-Ing. Rainer Schäfer und Sonja Langhans), über 30 Jahre Mitgliedschaft in der FKTG, die Bedeutung von Kooperationen für offene Standards im TV-Markt und die Weiterentwicklung von HbbTV.
Sie sind seit 1990 Mitglied der FKTG, mehr als drei Jahrzehnte. Erinnern Sie sich noch, was der Auslöser für Ihren Beitritt war?
Mein erster Kontakt mit der FKTG und zugleich auch mit dem IRT war während meiner Studienzeit. Ich habe ja an der TU München Nachrichtentechnik studiert und der Lehrstuhl für Elektroakustik hatte damals immer über die IRT-Kolloquien informiert. Dort lagen auch regelmäßig die Rundfunktechnischen Mitteilungen (RTM) aus.
Ich bin also praktisch über die Kontakte der TU zum IRT gekommen. Dort bin ich dann erstmals mit der FKTG und dem FKT-Magazin in Berührung gekommen. Da ich mich immer schon für Radio- und Fernsehtechnik begeistert habe und sowohl die Themen in den RTM als auch in der FKT sehr interessant fand, bin ich noch als Student der FKTG beigetreten.
Was bedeutet für Sie persönlich die Auszeichnung mit der Richard-Theile-Medaille?
Die Auszeichnung kam für mich tatsächlich relativ überraschend, denn ich hatte sie immer mit der klassischen Fernsehtechnik verbunden, also zum Beispiel den Grundlagen der Fernsehcodierung und -übertragung, und weniger mit meiner Arbeit in Verbindung gebracht. Aber es ist natürlich eine große Ehre, vor allem, wenn man sich die Liste der bisherigen Preisträger anschaut, die ja große Namen der Fernsehtechnik beinhaltet.
Ich freue mich zudem sehr, dass ich damit eine Brücke schlagen darf zwischen dem klassischen, linearen Fernsehen und den neuen On-Demand-Diensten. HbbTV ist ja sozusagen das verbindende Element zwischen beiden.
Wenn Sie zurückblicken auf die letzten Jahrzehnte, haben sich die Themen der FKTG verändert?
Die FKTG hat neue Themen und Trends aus der Medientechnik immer sehr frühzeitig aufgegriffen und umfassend begleitet, zum Beispiel rund um das digitale Fernsehen, IP-Streaming oder interaktive Dienste.
Ich habe selbst für die FKT eine Reihe von Artikeln verfasst und habe mich in dem Umfeld immer sehr gut aufgehoben gefühlt. Ich bin ja seit 1995 in diesem Bereich tätig, damals zunächst im „interaktives Fernsehen“ benannten Themenfeld. Dieses ist über die Technologien OpenTV und MHP schließlich im Projekt HbbTV gemündet.
Zu all diesen - und weiteren - Neuerungen gab es immer wieder interessante Beiträge, sowohl im Rahmen der FKTG Fachtagungen als auch im FKT-Magazin, darunter durch die Jahre viele von am IRT tätigen Autoren und Autorinnen.
HbbTV kann man als europäische Erfolgsgeschichte bezeichnen. Ist aus Ihrer Sicht eine solche Entwicklung in Zukunft vor dem Hintergrund der Kritik und der überall herrschenden Einsparungen/Kürzungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt noch möglich?
Um eine Entwicklung wie HbbTV zu initiieren und zum Erfolg zu führen, ist der finanzielle Einsatz eigentlich gar nicht mal so hoch. Wir haben dies am IRT mit relativ geringen Mitteln vorangetrieben.
Leider fehlt bei einigen innerhalb des Rundfunks die Erkenntnis, wie wichtig es ist, gemeinsam mit den Geräteherstellern solche Projekte überhaupt anzugehen. Viele im Rundfunk orientieren sich stark an den großen Playern im Internet wie Amazon, Apple oder Google.
Es braucht also diese Erkenntnis verbunden mit etwas Mut, den Weg der Standardisierung gemeinsam weiterzugehen und die großen Unternehmen im Retail-Markt mit ins Boot zu holen, damit neue, zukunftsfähige TV-Konzepte entstehen können.
HbbTV hat gezeigt, dass so etwas tatsächlich möglich ist. Schon seit vielen Jahren versuchen die großen Internet-Player auf die Fernsehschirme zu kommen, Google TV war damals unter den ersten. Dem hatten wir dann wirklich etwas entgegenzusetzen, da die Broadcaster und die Gerätehersteller an einem Strang gezogen haben.
Wenn das Gefühl bei allen Beteiligten entsteht, gemeinsam daran zu arbeiten auch weiterhin einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung Medienlandschaft zu haben, kann sehr viel erreicht werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich den doch recht eindrucksvollen Beitrag von André Prahl auf dem HbbTV Symposium in Prag erwähnen, der auch die Bedeutung der Kooperation der Broadcaster untereinander und die Bedeutung der Medieninfrastruktur auf der Basis von offenen, internationalen Standards betont hat.
Man sieht ja jetzt zum Beispiel am Joint Venture von RTL und Pro7Sat1, das aber auch offen ist für weitere Teilnehmer, dass die privaten Sender sehr auf die Zukunft des „Big Screen“ im Umfeld offener Standards setzen.
Was würden Sie sich in Bezug auf die Kooperationen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber auch mit den privaten Betreibern wünschen?
Ich denke, es braucht gar keine grundsätzlichen Änderungen, aber sehr wohl eine Intensivierung, sowohl was den öffentlich-rechtlich als auch den privatrechtlichen Rundfunk angeht. Die Kooperation wird aktuell nicht so intensiv betrieben, wie es möglich wäre.
Das hängt wie eben schon erwähnt mit der nicht überall vorhandenen Einsicht zusammen, dass wir gemeinsam durch offene Standards und unter Einbeziehung des Retail-Markts vorankommen können.
Diese Marktstrukturierung mit den entsprechenden Standards, gemeinsam mit dem Retail-Markt, setzt natürlich eine intensive Kooperation voraus, denn Standards können nur erfolgreich entwickelt werden, wenn wirklich alle zusammen helfen.
Mein Wunsch in diesem Bereich wäre also ein Erkennen der Situation und eine entsprechend intensive Umsetzung durch die Broadcaster. Denn öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk sitzten mehr in einem Boot als der eine oder die andere auf Entscheiderebene vielleicht denken könnte.
Welche Projekte stehen bei Ihnen in naher oder ferner Zukunft an?
Allgemein werde ich meine Arbeit an der Weiterentwicklung der Standardisierung fortsetzen und in diesem Zusammenhang auch die Kooperationen mit anderen Broadcastern vorantreiben.
HbbTV entwickelt sich immer weiter und die Standardisierung muss aktuell gehalten werden. Wir haben seit der ersten Version des TV-Standards eine große Zahl von Updates gesehen, zum Beispiel im Bereich der Codecs mit HEVC. Dann haben sich die Browserprofile weiterentwickelt, es gibt UHD, aber auch Themen wie Voice Assistants, die vor zwölf Jahren überhaupt keine Rolle gespielt haben. Es ist also eine Daueraufgabe, die Standards immer auf dem neuesten Stand zu halten und die neuesten Streaming-Verfahren oder auch neue Funktionen zu integrieren.
Neben diesen beiden großen Arbeitsschwerpunkten, also der Weiterentwicklung und Aktualisierung der Standards und dem Vorantreiben von Kooperationen, ist eine weitere Aufgabe von mir, innerhalb der ARD Projekte zu initiieren und voranzutreiben, die neuere Möglichkeiten des Standards in die Praxis umsetzen. Dazu gehört die Einführung von Diensten und Merkmalen, die HbbTV-Angebote funktional für die Zuschauer voranbringen.
-AB