FKTG-Reihe Women in Media Tech: Larissa Görner-Meeus

Larissa Görner-Meeus

Larissa Görner-Meeus, Senior Director Product Line Management Cloud bei Grass Valley und Mitglied des letzten FKTG-Vorstands über ihren Arbeitsalltag im Home Office, die Auswirkungen der Pandemie auf die Vereinsarbeit und die aktuellen Veränderungen in der Supply Chain bei Live-Produktionen.
Mit diesem Interview beginnt unsere neuen Reihe „Women in Media Tech“. Hier lassen wir regelmäßig Frauen zu Wort kommen, die die Welt der Medientechnologie entscheidend mitgestalten.


Du bist derzeit bei Grass Valley tätig, hast Deine eigene Beratungsfirma und bist darüber hinaus ja auch in verschiedenen Vereinen und Initiativen tätig. Wie sieht denn Dein typischer Arbeitstag aktuell aus?

Auf jeden Fall sehr arbeitsreich! Ich habe seit letzter Woche bei Grass Valley eine neue Funktion, bin als Senior Director Product Line Management Cloud für alle Themen rund um die Cloud zuständig. Wir sind ja gerade dabei, die gesamte Produktpalette von GV AMPP in die Cloud zu bringen, da kommt einiges zusammen, zumal ich neben dem Product Management auch das Business Development für die Cloud-Produkte mit betreue. Aber ich arbeite mit tollen Kollegen zusammen, wir sind ein sehr gutes Team, da kann man auch 5 Tage Gas geben.
Ich arbeite überwiegend im Homeoffice und starte dann meinen Arbeitstag meistens gegen 9 Uhr und arbeite bis circa 20 Uhr. Über den Tag verteilt bis abends bin ich etwa 6 bis 7 Stunden in Meetings, die durch Arbeitsphasen unterbrochen werden. Dazu kommt noch die Vereins-/Initiativarbeit, die ich irgendwie dazwischenschieben muss.
So toll wie die Arbeit von zuhause aus ist, mir fehlt manchmal auch der Kontakt zu den Kollegen. Daher versuche ich, so ein- bis zweimal im Monat in das Grass Valley Büro in Breda zu fahren, wo das europäische Kamera-Produktteam arbeitet. Das ist wichtig, um sich auch persönlich auszutauschen.

Du warst in den letzten Jahren im Vorstand der FKTG tätig. Wie siehst Du diese Zeit im Rückblick? Was wünscht Du Dir vom Verein für die Zukunft?

Ich bin sehr froh, dass ich während meiner Zeit an so vielen tollen Dingen arbeiten durfte, etwa für die letzte Fachtagung in Nürnberg oder unsere IBC-Panels. Corona hat die Arbeit natürlich sehr erschwert, denn die FKTG lebt von persönlichen Treffen. Für die jetzt endlich stattfindende 29. Fachtagung war ja schon alles in trockenen Tüchern, bis die Pandemie zugeschlagen hat. Schwierig war vor allem, während der gesamten Zeit alle Mitglieder auch weiterhin mitzunehmen und die Community zusammenzuhalten. Ich finde, Jürgen Burghardt hat hier als FKTG Geschäftsführer sehr gute Arbeit geleistet, die doch schwere Zeit für alle irgendwie zu überbrücken.
Ich konnte mich in der letzten Zeit leider nicht mehr so intensiv einbringen, da ich beruflich sehr stark ausgelastet war. Zudem hat sich mein Arbeitsfokus doch sehr ins Internationale verlagert und die FKTG agiert ja eher auf nationaler Ebene. Schön finde ich daher nach wie vor die von Yvonne Thomas und mir mit initiierte FKTG/SMPTE-Gruppe auf Linkedin. Insgesamt gesehen freue ich mich, wenn die FKTG jetzt wieder komplett durchstarten kann. Es geht in jedem Fall in die richtige Richtung. Vor allem ist wichtig, wieder mehr junge Leute in den Verein zu bekommen. Das können wir schaffen, da wir sehr gut im Bildungs- und Universitätsbereich aufgestellt sind.

Du sprichst Dich dafür aus, mehr Frauen, mehr junge Leute in die Branchenvereine und -verbände zu bekommen. Welche Voraussetzungen sind dafür aus Deiner Sicht wichtig?

Die FKTG kann am Anfang vielleicht abschreckend wirken, weil auf den ersten Blick nicht so viele junge Leute dabei sind. Ziel muss es daher sein, Rollenmodelle zu schaffen, mit denen sich jüngere identifizieren können. Die FKTG ist ein toller Ort, um sein berufliches Netzwerk aufzubauen. Ich selbst bin zum Beispiel schon im Studium der FKTG beigetreten. Der Austausch auf den Fachtagungen war für mich immer ein Stück weit wie zur Familie zurückzukommen.
Natürlich wäre es schöner, wenn wir noch mehr machen könnten. Jetzt gilt es aber erst einmal, das durch Corona entstandene Vakuum wieder zu füllen. Ich war ja selbst als Lehrbeauftragte an der Karel de Grote Hogeschool in Antwerpen im Fach Medientechnik tätig und die Situation war für die Studierenden in den letzten Jahren wirklich schwer. Nicht nur, dass es kaum Jobs für den Berufseinstieg gab, auch die benötigte praktische Ausbildung war schwierig umzusetzen. Gerade für die Studierenden ist aber der persönliche Kontakt, den wir etwa in der FKTG durch die Professor:innen herstellen können, sehr wichtig. Ich bin sicher, dass es mit dem neuen Vorstand in die richtige Richtung weitergeht.

Was rätst Du jungen Frauen, die in den technischen Medienbereich einsteigen wollen? Wie sollen sie sich am besten positionieren? Welche Fehler sollten sie vermeiden?

Es gibt keine Fehler, durch die man nicht etwas lernt! Ich selbst bin auch erst hundertmal gegen die Wand gerannt, bevor es „Klick“ gemacht hat. Was man aber auf jeden Fall früh tun sollte, ist, sich einen Mentor oder eine Mentorin zu suchen. Bei mir waren das Dr.-Ing. Rainer Schäfer als mein Diplomvater,  bei dem ich dann auch am IRT meine Laufbahn begonnen habe. Dann natürlich Reinhard Knör vom IRT und Josef Lipp vom NDR (beide jetzt in Rente), von denen ich wirklich viel gelernt habe.
Wichtig waren dabei auch solche Fragen wie Verhalten in Meetings oder wenn es mal „politisch“ wird. Man sollte nicht schüchtern sein, sondern ruhig Fragen stellen. „Wie funktioniert das?“ ist dabei zentral, denn gerade wenn man neu in ein Team kommt, kann man nicht alles wissen. Dann sollte man nicht nur versuchen, den Vorgesetzten zu gefallen, sondern sich Leute auf seiner Ebene suchen. Die Kollegen sind immens wichtig, sie sitzen mit im Boot. Schlussendlich sollte man es sich nicht mit irgendeiner Person komplett verderben, denn die Branche ist so klein, dass man sich sicher irgendwo wiedersieht.

Grass Valley We Love Live
Di., 08.03.2022 - 09:24

Zurück zur Technik: Du bist gerade vom HPA Tech Retreat zurück. Welche Impulse hast Du von dort mitgenommen?

Zunächst war es erst einmal schön, überhaupt wieder Menschen persönlich zu treffen! Schön war auch, wie die Veranstaltung organisiert war. Durch Roundtables und Panels war der Austausch direkt und persönlicher. Es war keine „Frontalbeschallung“ mit Powerpoint-Untermalung, sondern man kam direkt ins Gespräch. Positiv fand ich auch, dass sehr viele Frauen vor Ort waren, insgesamt etwa 150 oder sogar mehr.
Zentral waren die Themen „Verschmelzen von Kino- und Broadcast-Workflows“. Hier können beide so viel voneinander lernen, aber für mich merklich war, dass es auch beim Film „Remote Production“ gibt. Daneben ging es hauptsächlich um die Cloud. Hier vor allem, wie das „Mögliche“, über das wir die letzten Jahre geredet haben jetzt ins „Praktische“ gehen. Das ist ja auch mein Thema und wir stehen noch im Beginn, auch wenn wir nicht mehr am Anfang stehen. 2022 wird ein entscheidendes Jahr für alles, was Cloud angeht.

Stichwort Live-Sportproduktion. Was sind für Dich im Moment die wichtigsten Themen? Welche Herausforderungen bestehen (noch), welche Lösungen sind im Kommen?

Es verändert sich gerade sehr viel beim Sport. Die ganze Supply Chain verändert sich und die Rechteinhaber sind viel näher an der Produktion als je zuvor. Das verändert viel, denn nicht nur Effizienz, sondern auch Innovation steht ganz oben auf der Agenda. 2020 und 2021 haben gezeigt, wie viel wir remote und von zu Hause aus tun können und das evoluiert. Große Events dieses Jahr wie die Olympischen Spiele in Peking und die FIFA Weltmeisterschaft nutzen sehr viele neue Technologien und sind der Treiber für Innovation.
Alles aus der Cloud für Live ist nicht mehr nur eine Idee, es passiert heute, jeden Tag auf der AMPP-Plattform von Grass Valley. Von Grafik-Workflows, über Metadaten-Tracking bis hin zum Playout. Alles, was früher große Workflows verlangte, geht heute schon in der Cloud und ist aus meiner Sicht die einzige mögliche Zukunft für den Rundfunk.

[Anmerkung der FKTG-Redaktion: Mehr über die aktuellen Projekte und Ziele von Grass Valley in diesem Artikel.]

-AB