„Digitale Transformation heißt Kulturwandel vorleben“

Kathleen Schröter

Kathleen Schröter wird den Eröffnungstag der 29. FKTG Fachtagung in Erfurt moderieren. Wir haben Sie vorab zum Interview getroffen.


Kathleen, Du bist ja seit vielen Jahren im Bereich der digitalen Medien unterwegs, aktuell unter anderem Stellvertretende Vorsitzende des Virtual Reality e.V. Berlin-Brandenburg. Etwas, dass sich gar nicht so abzeichnete, denn Naturwissenschaften waren ja gar nicht so Deins. Wie kam es dann zum Umdenken?

Ich hatte tatsächlich in den naturwissenschaftlichen Fächern eher schlechte Noten und habe mich als Schülerin immer für nur mäßig begabt in diesem Bereich gehalten. Das hat sich dann sehr schnell geändert, als ich mit 27 als Studentin beim Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut angefangen habe. Da hat es „klick“ gemacht, als ich gesehen habe, wie viele tolle Sachen man gerade im Bereich Image Processing machen kann. 

Im Nachhinein denke ich, dass es an der Art und Weise lag, wie die Fächer in der Schule vermittelt wurden. Es fehlte einfach der Bezug zur Praxis. 

Die digitale Transformation bringt viele Vorteile mit sich, dennoch gibt es auch nicht wenige, die sich schwertun mit den sich ändernden Workflows und Arbeitsprozessen. Tun die Unternehmen und auch die Politik allgemein genug, um wirklich alle auf diesem Weg mitzunehmen? Wo gibt es aus Deiner Sicht noch Verbesserungsbedarf?

Es wurde in den letzten Jahren schon sehr viel auf den Weg gebracht. Ich denke aber, dass die digitale Transformation von einigen noch falsch verstanden wird. Digitale Transformation heißt eben nicht, wir schaffen uns jetzt SAP an oder reichen die Urlaubszettel demnächst nur noch digital ein und unsere Kunden bekommen keine Post mehr sondern nur noch E-Mails. Digitale Transformation geht mit einem Kulturwandel im Unternehmen einher und bedeutet ein Umdenken von Geschäftsmodellen und -prozessen.

Als Beispiel für eine sehr gelungene digitale Transformation wird immer wieder IKEA herangezogen. Bezogen auf die Medienlandschaft lohnt es sich einen Blick auf die Entwicklung der letzten Jahre bei Disney zu werfen. 

Was den Wandel der Unternehmensprozesse angeht, reicht es nicht aus, einfach nur die Technik hinzustellen, sondern es muss vermittelt werden, was damit erreicht werden kann. Upskilling, die Leute an die Hand nehmen, Ihnen zuhören und den Kulturwandel in der Führungsspitze vorleben, das heißt digitale Transformation im Unternehmen.

Dazu braucht es vor allem Agilität im Unternehmen. Je größer die Organisationen sind, desto schwieriger wird es, denn zu groß gewachsene Strukturen können nicht agil sein und stärken eher die Bedenkenträger. Besser mehrere Teams bilden und diese bestmöglich von Seiten der Leitungsebene unterstützen und dann Cross-Silo-Kommunikation stärken und von den anderen Teams lernen. 

ootiboo GmbH

Nach 13 Jahren bei Fraunhofer bist Du seit Anfang 2020 auf anderen Pfaden unterwegs, was machst Du aktuell?

Ich habe gerade die Media Tech Hub Konferenz in Babelsberg moderiert, mit vielen Zukunftsthemen rund um die Medienbranche wie Nachhaltigkeit, Cloud, Virtual Production, Blockchain und NFTs. 

Darüber hinaus bin ich Mitbegründerin der ootiboo GmbH. Das Unternehmen hat das lebenslange Lernen im Fokus. Neben der Begleitung von Unternehmen in der Umsetzung von Kulturwandel, fördern wir die Entwicklung von Kindern, Jugendlichen und jungen erwachsenen durch Projekte die auf neurowissenschaftlichen Erkenntnissen der Kreativforschung basieren. Wir wollen den Nachwuchs so inspirieren, mehr zu träumen und ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen und die Problemlöser der Zukunft zu werden. 

Nach einem grandiosen medienwirksamen Projekt zum Thema mentale Gesundheit mit den englischen TV Stars Ant & Dec (Bild unten) können wir nun ein ersten Projekt mit dem Fokus auf Medientechnik und die Kreativbranche umsetzen.

Ant & Dec mit Katie Abey und Kerry Boyne (Credit: Ellie Kurtz)
Ant & Dec mit Katie Abey und Kerry Boyne (Credit: Ellie Kurtz)

In England geben wir im November Schüler*innen Workshops zum Thema Storytelling. Die Teilnehmenden werden wir dann mit Studierenden aus Medien- und Kreativstudiengängen an der Canterbury Christ Church University zusammengebringen, damit sie gemeinsam ihre Geschichten und Ideen zum Leben erwecken. Sie lernen dabei die Software und Hardware der Mediengestaltung und -Produktion kennen und bekommen erste Erfahrung im Umgang. Eine Win-Win-Situation auch für uns unterstützende Unternehmen, die uns ihr Equipment und Personal zur Verfügung stellen, denn so beugen wir direkt dem Fachkräftemangel von morgen vor.

Du wirst unter anderem den Eröffnungstag auf der FKTG Fachtagung moderieren. Was verbindest Du mit der FKTG? Welche Erwartungen hast Du an die Veranstaltung?

Ich sehe die FKTG als führende Plattform für die Broadcastbranche im deutschsprachigen Raum, die dank ihrer Mitglieder so breit aufgestellt ist, dass sie Synergien zwischen allen Akteuren schaffen kann: Forschende, Vendors, Lehrende, Studierende, sie alle treffen bei Events wie der Fachtagung aufeinander, hören spannende Vorträge und tauschen sich anschließend beim Kaffee aus. So können Brücken geschlagen und neue Ideen entwickelt werden. 

Und nach so vielen reinen Online-Events endlich auch wieder persönlich, das macht schon einen großen Unterschied. Im Programm dieses Jahr sind auch einige Frauen mit interessanten Themen dabei. Mit Blick auf die Zukunft würde ich mir wünschen, dass es noch mehr werden, die nach vorne auf die Bühne kommen. Und dass es normaler wird, dass Frauen nicht nur „Hallo“ sagen, sondern auch Fragen stellen und ihre Expertise teilen.

-AB
Bilder (falls nicht anders gekennzeichnet):
Portrait: Kathleen Schröter, Logo: ootiboo GmbH